Germering:Corona auf gut Spanisch

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Jede Krise kann auch lehrreich sein. Ein Germeringer nimmt das wörtlich und redet regelmäßig mit María Muñoz über die Sache

Von Stefan Salger, Germering

Coronazeiten sind Krisenzeiten. So ist das auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick sitzt da der Mann im tropisch gemusterten Kurzarmhemd und lacht im Germeringer Büro in die Kamera. Die Frau auf dem Bildschirm wirkt fast ein bisschen lehrerhaft korrekt. Sie heißt María Muñoz und sitzt am anderen Ende des Kontinents. Sie ist in der Tat Lehrerin, und das seit 25 Jahren - genauer gesagt Spanischlehrerin der "Academia Atlantika" an der Costa de la Luz in Andalusien.

Für Carl Graeb, der sich die Brille auf die Stirn geschoben hat, symbolisiert das Foto eines: Mag die Pandemie auch ihren Schatten über die Welt legen, so funktioniert im Kleinen und vor allem auf europäischer Ebene doch sehr vieles sehr gut: Es gebe keinen Grund "für die Untergangsszenarien der europäischen Nord-Süd-Beziehungen", wie dies mit Blick auf Corona oder die Flüchtlingsfrage manchmal behauptet wird. Und auch mitten in der Krise kann man lernen und sich gegenseitig unterstützen.

Vor kurzem haben sich der Germeringer und die Spanierin mal wieder via Skype zusammengeschaltet für ihre nächste Online-Lektion: "Buenos días, María", "Buenos días, Carl". Von 14 bis 15 Uhr geht es "en español" um Gott und die Welt. Und, nun ja, natürlich auch um dieses Virus, dessen Namen man nicht einmal übersetzen muss. Eine Sprache lässt sich am besten lernen, wenn man über etwas redet, das einen bewegt. Das können auch Corona oder die Unruhen in den USA sein.

Für den 54 Jahre alten studierten Soziologen sind Fremdsprachen die Brücke in die Geschäftswelt. Mit seiner Consultingfirma stellt er Beziehungen zwischen europäischen Firmen und kanadischen Regierungsorganisationen her. Englisch ist fast seine zweite Muttersprache, seit zwei Jahren wird am Spanischen gefeilt - "mit großem Vergnügen". Die Grundlagen legte Graeb in Kursen der Volkshochschule - und nun also folgt einmal pro Woche der Video-Einzelunterricht mit der Muttersprachlerin. Die Konversation soll nicht nur lehrreich, sondern auch informativ und natürlich unterhaltsam sein.

Ebenso wie viele Sprachlehrer im Landkreis haben es María und ihre neun Kolleginnen und Kollegen der Academia nicht leicht, durch die Corona-Krise zu kommen: statt Präsenzunterricht waren monatelang nur Onlinekurse möglich. Aber ebenso wie die Sprachlehrer in Deutschland ist María Muñoz froh, dass sich vieles doch per Videoschalte machen lässt und somit nicht das komplette Gehalt wegbricht. Auch die Lebens- und Arbeitsumstände in Spanien waren ein Gesprächsthema - an einem Nachmittag, über 2000 Kilometer hinweg.

© SZ vom 15.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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