An der Germeringer Großbaustelle:Bunte Bilder, schlechte Laune

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Nach Motiven des amerikanischen Malers James Rizzi haben die Kinder aus der Kleinfeldschule ein Transparent gestaltet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Während die Buben und Mädchen aus der Kleinfeldschule die Baustelle am Kleinen Stachus mit Bildern verschönern, klagen Geschäftsleute über aufgerissene Straßen und Gehsteige

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Steht Germering im Wettbewerb um die attraktivste Baustelle? Alles spricht dafür, aber noch sind die von der Stadt versprochenen Bänke zur Baustellenbeschau am Kleinen Stachus nicht aufgestellt. Dafür gehen die Aktionen jetzt Schlag auf Schlag. Am Montagmorgen um kurz nach acht Uhr postierte sich Claudia Wahler, Schulleiterin der nahen Kleinfeldschule, mit der Klasse 3 c am Bauzaun. Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) half mit, ein Transparent mit 40 Bildern der Grundschüler aufzuhängen. Doch auch die durchaus phantasievolle Bespielung der Baustelle, die noch bis Ende September Germering in der Stadtmitte verkehrsmäßig in Süd und Nord teilt, lässt so manche Kritik von Einzelhändlern in deren Umgebung nicht verstummen.

Die Klasse 3 c hat den vor drei Jahren gestorbenen US-Künstler James Rizzi adaptiert. Der malte am liebsten bunte Hochhäuser, Vögel oder Heißluftballons. "Ich bin stolz, dass die Kunstwerke hängen", sagte Wahler, und die Kinder freuten sich sichtlich mit ihr. Anna fand ihr Bild oben rechts auf dem Transparent wieder. Darauf sind ein großer Heißluftballon und zwei kleine zu sehen. "Alle anderen haben Vögel gemalt, ich den Ballon, weil ich gerne Muster drauf mache", sagte die Neunjährige. Der zehnjährige Iman hatte sich für einen blauen Vogel mit einem lachenden Mond entschieden. Philipp, acht Jahre alt, deutete auf sein Bild. Auch hier sind bunte Heißluftballons zu sehen, "weil die Vögel schon vergeben waren", wie er meinte. Mit einem großen roten Vogel über das ganze Blatt hatte der achtjährige Julius sozusagen den Vogel abgeschossen.

Rund um die Baustelle folgten drei weitere große Transparente, alle mit jeweils 40 Bildern von 130 Buben und Mädchen der Klassen eins bis drei. Die Gemälde der Kinder wurden vom Stadtmarketingbüro gescannt und auf die Leinwände gedruckt. Zu sehen sind noch bunte Hundertwasserwerke, die von der Klasse 2 a umgearbeitet wurden. Genauso wie bunte Gesichter und Gemüsefiguren von Alexej von Jawlensky, mit denen sich die Klassen 2 c und 2 d beschäftigten. Die Gemälde der Kinder schaffen Aufmerksamkeit am Zaun, jedenfalls bleiben Passanten stehen und betrachten die Bilder.

Aufmerksam verfolgen auch die Einzelhändler den Baustellenfortschritt. "Das Minus ist absolut spürbar", sagt Otmar Nöth von der gleichnamigen Parfümerie am Anfang der Otto-Wagner-Straße nach fast zwei Monaten Baustelle. Vor einer Woche wurde die Straße dort fast noch bis zur Kriegerstraße aufgerissen, um die Parkplätze anzulegen. Dadurch ist die Baustelle bis auf 1,50 Meter an seine Parfümerie herangerückt. "Das Geschäft ist auf jeden Fall schlechter geworden", versichert Nöth. "Meine Befürchtungen haben sich bestätigt." Er hofft darauf, dass die Straße, wie ihm von der Stadt zugesagt, in den nächsten Tagen wieder breiter wird.

Auch der Weltoffen-Laden nebenan ist nur noch zu Fuß erreichbar. "Ich glaube, der Gewöhnungseffekt hat sich bei unseren Kunden schon eingestellt", sagt die ehrenamtliche Verkäuferin Roswitha Ladwig. "Bei uns ist es nicht so schlimm, wie befürchtet." Im benachbarten Modeladen beobachten die Mitarbeiterinnen häufiger, dass Radfahrer auf dem schmalen Fußweg nicht absteigen und Fußgänger in Gefahr bringen. "Selbst mit einem Motorroller fahren sie hier herum", sagt eine Verkäuferin. Änderungsschneiderin Pagona Pikouladis hundert Meter weiter in der Otto-Wagner-Straße kann ihr Entsetzen über die Baustelle kaum verbergen. "Das ist alles ganz schlecht", sagt die Ladeninhaberin. "Niemand schiebt gerne sein Rad auf dem Fußweg herum." Pikouladis ist seit 45 Jahren in Germering. Viele Jahre hatte sie ihren Laden direkt am Kleinen Stachus. "Ich habe viele Kunden von auswärts, die finden mich nicht", klagt die Geschäftsinhaberin. Dass die Baustelle noch bis September gehen soll, findet sie ganz schlimm. Genauso wie die Parkplatzsituation: "Die ist eine Unverschämtheit." Die Stadt betreibt dagegen die Baustelle auch künftig als möglichst attraktiven Event. Am 20. Juni gibt es vor dem Zaun ein Kickerturnier.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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