Asylbewerber:Bleiben verboten

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Zwei syrische Flüchtlinge helfen als Ehrenamtliche anderen Flüchtlingen, jetzt sollen sie verlegt werden. Die Germeringer Helfer wollen das verhindern

Von Sebastian Mayr, Germering

- Muhammad und Ameen Muhammad-Nasir müssen fort. Zwei Wochen lang lebten sie im ehemaligen Don-Bosco-Altenheim in Germering, in dem jetzt Flüchtlinge unterkommen. Jetzt sollen die Brüder aus Syrien nach Halberstadt in Sachsen-Anhalt, so sieht es der Verteilungsplan für die Asylbewerber vor.

Doch Muhammad und Ameen, 30 und 22 Jahre alt, wollen Germering nicht verlassen. Und die Helfer, die sich in Germering um die Flüchtlinge kümmern, wollen das auch nicht. "Die zwei Brüder sind wirklich etwas Besonderes", sagt Uli Baab, die ehrenamtlich Deutschunterricht für Flüchtlinge gibt. Die beiden Syrer helfen selbst. Muhammad, der in Syrien als Mathematiklehrer gearbeitet hat, spricht anders als viele andere Flüchtlinge fließend Englisch. Gemeinsam mit seinem Bruder hilft er bei den Deutschstunden als Bindeglied und übersetzt ins Arabische. Die Brüder lernen selbst intensiv Deutsch, auch außerhalb der Kurse treffen sie sich deswegen mit Uli Baab. Außerdem begleiten die beiden andere Asylbewerber, zum Beispiel zu Arztbesuchen. "Wir sind gerne freiwillige Helfer", sagt Muhammad: "Wir kümmern uns vor allem um die Neuen."

Am Donnerstag bekamen Muhammad und Ameen den Bescheid: Binnen zwei Stunden sollten sie sich fertig machen, sie würden nach Halberstadt verlegt. Die beiden weigerten sich und Uli Baab, die Helferin, wandte sich an Hilfsorganisationen und Behörden, um die Verlegung zu verhindern. Sie bat darum, den Brüdern den Verbleib in Germering zu erlauben. Im ehemaligen Altenheim seien noch etliche Zimmer unbelegt. Baab bot auch an, den beiden privat Asyl zu gewähren.

Das Fürstenfeldbrucker Landratsamt verweist auf die zuständige Erstaufnahmeeinrichtung in München, die für die sogenannte Abverlegung der Flüchtlinge zuständig ist. Eine weitere Unterbringung im Landkreis sei nicht möglich. Und auch die Regierung von Oberbayern pocht auf die Einhaltung der Regeln: Die Flüchtlinge werden von den Erstaufnahmelagern aus in ganz Deutschland verteilt. Das Verfahren ist automatisiert, Ausnahmen gibt es nur in Sonderfällen. Beispielsweise, wenn ein Flüchtling schwer krank sei und in München behandelt werden müsse. Ein solcher liege in diesem Fall nicht vor.

Sollen von Germering nach Halberstadt verlegt werden: Ameen (links) und Muhammad Mohammad-Nasir, zwei Brüder aus Syrien (Foto: oh)

"Wir wollen hier bleiben", sagt Muhammad Muhammad-Nasir, der auch darüber klagt, wie die Behörden am Donnerstagnachmittag mit ihnen umgegangen waren. "Wir wurden nicht wie Menschen behandelt", sagt er. "Wir hatten nicht einmal einen Tag Zeit, um uns vorzubereiten."

In dem Dreierzimmer im Don-Bosco-Heim, in dem sie leben, fühlen sich die beiden wohl. In München, wo sie zuerst untergebracht waren, hatten sie auf der Straße geschlafen. Auch die zweite Station in Fürstenfeldbruck war viel weniger komfortabel gewesen. Doch vor allem, so Muhammad, hätten sie in Germering viele Freunde gefunden, mit denen sie neben den Deutschkursen auch etliche andere Aktivitäten machten. Muhammad trat sogar im Fernsehen auf: In der ZDF-Sendung "Die Anstalt" sang er zusammen mit anderen syrischen Flüchtlingen ein Lied über seine Heimat.

Auf das abwechslungsreiche Leben und auf die Möglichkeit, auch selbst helfen zu können, müssten sie in Halberstadt verzichten, fürchtet Muhammad: "Dann ist das Leben nur noch schlafen und essen. Wir kennen niemanden in dieser Stadt."

Am Montag sollen erneut Beamte nach Germering kommen, um die Verlegung von Muhammad und Ameen Muhammad-Nasir nach Halberstadt zu vollziehen.

© SZ vom 22.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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