"Singen wir heute wieder, Frau Lehrerin?" Mit dieser Frage haben die Schüler ihre Klassenleiterin in den Tagen vor der Aufführung täglich begrüßt. Für den Aktionstag Musik haben sich die Schüler, die sich sonst für wenig so langanhaltend begeistern können, mächtig ins Zeug gelegt. Das Kinderlied "Der Zaunkönig und die silberne Flöte" hat die Mädchen und Buben der Eugen-Papst-Schule jedoch fasziniert. Gebannt schauen sie deshalb, als der Komponist Franz Kanefzky den Musiksaal ihrer Schule betritt. Sein Engagement für den Aktionstag hat insbesondere hier für eine musikalische Initialzündung gesorgt.
Durch die Musik sei ein besserer, ein anderer Zugang zu den Schülern mit Entwicklungsschwierigkeiten entstanden. Lehrerin Jutta Stronski ist jedenfalls überzeugt von der Aktion und hofft, dass das musikalische Angebot ausgebaut wird, beispielsweise durch einen Schulchor. Gesungen wird an diesem Tag von den beiden Ganztagsklassen 3a und 4a, die außerdem eine kleine Choreografie einstudiert haben. Einige Schüler im Vordergrund haben Stöcke in der Hand, an denen Vogelköpfe aus Papier befestigt sind und sich kleine Zweige herunterschlängeln. Diese symbolisieren den eintönigen, immer gleichen Wald, in dem der Zaunkönig auf Reisen geht, bis er eine neue Melodie hört - den Refrain. Mit ihm kommt der Aufschwung von moll zu Dur, der Steigflug des Zaunkönigs, die Freude der Kinder - sogar die Rektorin singt mit. Natürlich hört sich das Stück nicht an wie beim Landesjugendchor, doch die Gesangsfähigkeiten sind in diesem Moment nebensächlich. Es ist eine Seltenheit, dass die Kinder so sehr auf eine Sache fixiert sind.
Franz Kanefzky hat sich genau solch eine Wirkung erhofft, als er zum Text seiner Kollegin Martina Oberhauser die Melodie schrieb. Das Lied solle die Faszination der Kinder fürs Orchester wecken, das seit den Siebzigerjahren durch Filme wie Star Wars wieder im Kommen sei, erklärt der Hornist des Münchner Rundfunkorchesters. Er selbst bezeichnet sich als "Musiker aus Leidenschaft" - Musiker ist er im Orchester, die Leidenschaft drückt er in seinen Kinderliedern aus. Diese erfreuen sich in Deutschland immer größerer Beliebtheit, denn viele Orchester suchen händeringend vor allem nach längeren Programmen wie Kanefzky sie schreibt.
Auch für den Zaunkönig soll eine solche Version komponiert werden. Generell achtet Kanefzky darauf, möglichst ein breites Spektrum an Konzepten abzudecken. Da kam ihm die Aktion der Bayerischen Landeskoordinierungsstelle Musik gerade Recht. Die Eugen-Papst-Schule besucht Franz Kanefzky auch, weil seine Frau Elsa dort Tanzkurse veranstaltet, die von den Kindern ebenfalls sehr gut aufgenommen werden.
Nachdem die Aufführung vorbei ist, löst sich die Anspannung der Kinder und sie löchern den Komponisten mit Fragen. Auch wenn manche nichts mit dem Stück oder Musik zu tun haben, die Schüler wollen sich mit ihm identifizieren. Franz Kanezky hat für sie alle Antworten parat und für sich selbst eine Bestätigung: Orchestermusik kommt bei Kindern immer noch gut an.