Germering:Begehrter Booster

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Schier endlose Warteschlange: Noch mehr Menschen als am Vortag wollen sich am Samstag auf dem Volksfestplatz von Mitarbeitern des Impfzentrums immunisieren lassen. (Foto: Lukas Barth)

Nach teils mehrstündigen Wartezeiten unter freiem Himmel können am Samstag auf dem Volksfestplatz fast 400 Menschen unter drei Vakzinen wählen. Viele kommen zum ersten Mal, die meisten aber zur Auffrischungsimpfung

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Im Wartezelt auf dem Germeringer Volksfestplatz sitzen nach dem Impfen drei Frauen nebeneinander. Jetzt müssen sie noch eine Viertelstunde unter Beobachtung dableiben, um zu sehen, ob sie alles gut vertragen haben. "Alles super mit unserem Booster", sagt eine der Frauen fröhlich, trotz der zweistündigen Wartezeit. "Danke, dass sie diesen Job für uns machen", ruft sie dem Mitarbeiter in der Malteser-Uniform zu. Der lächelt zufrieden. Die Malteser stellen zusammen mit dem Technischen Hilfswerk (THW) die Logistik für die mobile Impfaktion des Fürstenfeldbrucker Gesundheitsamtes zur Verfügung. 397 Impfungen werden am Samstag in Germering verabreicht, davon 122 Erst- und 57 Zweitimpfungen. Auch am Vortag ist an gleicher Stelle bereits geimpft worden - mit dem Vakzin Moderna. Auch da herrschte Andrang - wenn auch nicht ganz so viel wie am Samstag.

Schier endlose Warteschlange: Noch mehr Menschen als am Vortag wollen sich am Samstag auf dem Volksfestplatz von Mitarbeitern des Impfzentrums immunisieren lassen. (Foto: Lukas Barth)

Die Schlange der Wartenden ist zeitweise mehrere hundert Meter lang. Viele müssen sich bei Nässe und Temperaturen um den Gefrierpunkt bis zu vier Stunden lang gedulden - trotzdem kommen nicht alle dran. "Wir schaffen etwa 80 Impfungen pro Stunde", prognostiziert Impfarzt Daniel Wachter zu Beginn der Aktion. Das hat rein rechnerisch am Ende nicht so ganz geklappt. Das Impfen beginnt um 9.30 Uhr und soll bis 15 Uhr dauern, die letzten Dosen werden dann um 18 Uhr verabreicht. "Impfwillige, die sich am späten Nachmittag noch angestellt hatten, mussten wir leider nach Hause schicken", teilt Lena Deininger, die Verwaltungsleiterin des Impfzentrums, am Abend mit. "Unser Nadelöhr beim Impfen", sagt Deininger, "ist die Registrierung und Verwaltung."

Helfer der Malteser schenken bei Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt heißen Kaffee und Tee aus. (Foto: Lukas Barth)

Ein 50-jähriger Mann aus Puchheim steht am Samstagmorgen ganz vorne in der Schlange. Er ist schon drei Stunden vor Beginn der Impfaktion gekommen, um seine Drittimpfung abzuholen. "Um sieben Uhr ist die Schlange schon 30 Meter lang gewesen", berichtet er. Vier Ärzte und medizinische Fachangestellte verabreichen an diesem Tag 181 Impfdosen der Firmen Biontech/Pfizer, 168 von Moderna und 50 von Johnson und Johnson. "Ich möchte diesmal Biontech", sagt Uschi Nagele, 64, die auch schon früh da gewesen ist, aber bereits zum äußeren Kreis der Warteschlange auf dem Volksfestplatz gehört. Jetzt will sie "ganz schnell" ihren Booster, den Termin im Impfzentrum am 9. Dezember wird sie absagen. Zweimal hatte die Lehrerin vorher den Impfstoff von Astra Zeneca erhalten. Dem vertraut sie nicht mehr. Daneben steht Jelena Bosnjak, 34, um ihre Erstimpfung zu bekommen. Ganz überzeugt von der Impfung ist die gebürtige Kroatin und Deutschlehrerin immer noch nicht. Sie arbeitet in einer Kita. "Ich war dort schon lange so etwas wie das schwarze Schaf", sagt Bosnjak. Alle seien nett zu ihr gewesen, aber der Druck zum Impfen sei dennoch immer größer geworden. "Etwas Sorge habe ich immer noch dabei", sagt sie und rückt in der Schlange zwei Meter nach vorn.

Einige Besucher haben sich vorsorglich Hocker und Klappstühle für die Wartezeit mitgebracht. (Foto: Lukas Barth)

"Die Erstimpfungsquote geht rapide nach oben", bestätigt Impfzentrumsleiterin Lena Deininger. Einige Wartende versorgen sich in Germering am Getränkestand der Malteser mit heißem Kaffee oder Tee. Zwölf freiwillige Helferinnen und Helfer sind vor Ort. "Das ist quasi eine Katastrophenschutzeinheit", erklärt Thomas Rapp, Kreisgeschäftsführer der Malteser. Er appelliert an Menschen, beim Impfen zu helfen: "Wir brauchen dringend Personal." Große Vorbildung sei nicht Bedingung, vor allem geht es um Aufgaben wie das Registrieren der Besucher.

Das Ende der Schlange, die schon um kurz nach zehn Uhr in der Kleinfeldstraße bis fast zur gleichnamigen Schule reicht, bedeutet bis zu vier Stunden Wartezeit. Dort herrscht spürbarer Unmut bei einigen Menschen, die zur Erstimpfung anstehen. "Impfen lassen oder arbeitslos", erzählt ein 42-jähriger Lokomotivführer aus Puchheim mit Blick auf eine Mitteilung der Bahn, bei der er seit 26 Jahren beschäftigt ist. "Wir stehen hier nicht freiwillig", sagen zwei 57 und 59 Jahre alte Monteure aus Germering, die gleich hinter ihm warten. "Der Arbeitgeber macht Druck, weil wir als Ungeimpfte auf Montage in kein Hotel mehr reinkommen."

Geimpft wurde auch am Sonntag im Feuerwehrhaus Eichenau - nach Terminvergabe. Die dort verabreichten 506 Impfungen setzen sich zusammen aus 59 Biontech-Erstimpfungen, 17 Biontech-Zweitimpfungen, 150 Biontech-Auffrischungen; fünf Moderna-Erstimpfungen, einer Moderna-Zweitimpfung, 273 Moderna-Auffrischungen sowie einer Impfung mit Johnson und Johnson. Deininger: "Insgesamt haben wir heute mit den 510 Impfungen, welche parallel im Impfzentrum durchgeführt wurden, die Tausendermarke geknackt." Alles sei reibungslos gelaufen, so Deininger am Abend.

© SZ vom 29.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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