Germering:Aufmerksamkeit für die Amethysten

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Berichtenswertes über Germering (von links): Andreas Haas, Marcus Guckenbiehl, Wilhelm Wagner, Bernd Päffgen sowie Sebastian Sommer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das archäologische Jahrbuch Bayerns wird in Germering vorgestellt. Es enthält auch einen Bericht über die Funde aus frühmittelalterlichen Gräbern in der Steinbergstraße

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die beiden Ohrringe schimmern violett. Sie bestehen aus Amethysten, Schmucksteinen aus Quarz. Beide Steine sind goldgefasst. Gefunden wurden die Ohrringe im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten in der Steinbergstraße. Die Amethysten waren die auffälligsten Stücke der Sonderausstellung "Unter dem Asphalt", die in den vergangenen Monaten von etwa 1500 Besuchern im Germeringer Museum Zeit und Raum gesehen wurde. Nun haben es die beiden Amethysten sowie die weiteren Funde aus den frühmittelalterlichen Gräbern in Germering auch zu überörtlicher Bekanntheit gebracht. Sie werden nämlich in dem neuen Band "Das archäologische Jahr in Bayern" vorgestellt.

Das Gebiet des heutigen Bayern ist seit Jahrtausenden besiedelt. Kelten und Römer haben Spuren hinterlassen, ebenso wie viele andere Volksstämme. Im Boden finden sich Reste von stein- und bronzezeitlichen Kulturen oder aus dem frühen Mittelalter. Der Boden Bayerns birgt eine große Menge von Zeugnissen der Vergangenheit. Deshalb werden vor der Errichtung eines Hauses oder dem Bau einer Straße oftmals Archäologen verständigt, um zu untersuchen, ob in der für den Bau vorgesehenen Fläche solche Zeugnisse verborgen sind.

Etwa 650 Grabungen werden in Bayern pro Jahr unternommen. Jene mit den interessantesten Funden werden im "archäologischen Jahr" beschrieben. Sebastian Sommer vom Landesamt für Denkmalpflege, sprach von den "Highlights" eines Grabungsjahres. Und weil wieder einmal die Stadt Germering mit einem Beitrag berücksichtigt ist, wurde der neueste Band, der für das Jahr 2015, diesmal im Germeringer Museum Zeit und Raum vorgestellt. Knapp 70 Berichte enthält das Buch. Sie geben Zeugnis von Grabungsergebnissen aus sämtlichen Bezirken des Freistaats, reichen von der Steinzeit bis ins 20. Jahrhundert. Wer sich dafür interessiert, was in Bayerns Böden verborgen ist, der findet in dem Buch eine Palette von Themen, die über vorgeschichtliche Siedlungen, Bestattungsarten, Ausgrabungen im KZ-Außenlager Kaufering VII bis zum Monitoring der Roseninsel reichen.

Den Beitrag über die Funde aus frühmittelalterlichen Gräbern in der Germeringer Steinbergstraße haben Stadtarchäologe Marcus Guckenbiehl sowie die beiden Grabungsleiter Tobias Brendle und Jürgen Schreiber verfasst. Ausführlich beschreiben die Autoren, was sie an Knochen, Grabbeigaben und für die Beerdigung nötigen Materialien in den 17 Gräbern gefunden haben. Als "herausragend" gelten laut den Autoren die beiden Amethyst-Ohrringe aus einem Frauengrab. Sie sind recht schön gearbeitet, vier von zarten Perldrähten gesäumte Blechstreifen umfassen jeden Stein. Einer von beiden hat sogar noch seine Aufhängung aus Bronzedraht. Längsbohrungen durch die Steine zeigen, dass diese zunächst als Perlen Verwendung gefunden hatten, bevor sie später zu Ohrringen umgearbeitet wurden. Die beiden Stücke sind im Zeitraum zwischen 680 und 730 n. Chr. hergestellt worden. Das passt auch zu den weiteren Funden aus diesem sowie den weiteren 16 Gräbern, die in die Merowingerzeit zu datieren sind. Die meisten Gräber zeigen, so ist aus dem Bericht zu erfahren, allerdings deutliche Spuren von Grabräubern.

Die Schilderung der Germeringer Funde aus dem vergangenen Jahr enthält auch Bilder und Grafiken. Auf diesen ist recht genau zu erkennen, wo die Funde gemacht wurden. Zusätzlich verweisen die Autoren auch auf Funde aus früheren Jahren in dieser Gegend. So entsteht für den Leser ein umfassenderes Bild von der Siedlungsgeschichte Germerings. Erst recht gilt das, wenn man sämtliche 13 Berichte liest, die in den mehr als 30 Bänden des "archäologischen Jahres" über Germering bereits erschienen sind. Das ist weit mehr als über jede andere Kommune im Landkreis Fürstenfeldbruck berichtet worden ist.

Sommer war deshalb auch voll des Lobes für die Germeringer Archäologie. Die Stadt sei "top", sagte er und verwies auf die rasche Aufarbeitung der Funde aus dem vergangenen Jahr, ihre Ausstellung sowie auf das archäologische Museum überhaupt. Dem Lob schloss sich auch Archäologieprofessor Bernd Päffgen an. Der Vorsitzende der Gesellschaft für Archäologie in Bayern - sie gibt das Jahrbuch heraus - ordnete die Funde in einen größeren Zusammenhang ein. Die Ohrringe entsprächen der damaligen Hofmode in Paris, sagte Päffgen. Der Wissenschaftler wünscht sich nun, nach Aufarbeitung und Präsentation im Museum, eine "dauerhafte Monografie". Die frühmittelalterliche Geschichte Germerings verdiene eine wissenschaftliche Bearbeitung, sagte Päffgen. Die in der Aussage steckende Aufforderung, eine solche Bearbeitung zu ermöglichen, richtete sich auch an Oberbürgermeister Andreas Haas, der in der Begrüßungsrede von den "verborgenen Schätzen" der Stadt gesprochen hatte.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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