Germering:Alles für die Frau

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"Liebe, Leid und alle meine Kleider" im Roßstall

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Fünf Frauen beschäftigten sich auf der Bühne ausführlich damit, was Frauen anziehen und wie es ihnen im Leben damit ergangen ist. Einige Männer, die mit ihren Frauen gekommen waren, schauten im Roßstall-Theater etwas ungeduldig auf die Uhr. Zehn nach zehn und das Frauenstück "Liebe, Leid und alle meine Kleider" war immer noch nicht zu Ende. So richtig etwas anfangen konnte manch einer nicht, mit Kleidern auf Flipcharts gemalt oder mit der "Rockerweste - schwarz und hüftlang", von der erzählt wurde. Eine Besucherin dagegen betonte, sie fühlte sich an die 1968er-Zeiten erinnert.

Das Stück der US-amerikanischen Schwestern Nora und Delia Ephron kreist um Kleidungsstücke, High Heels, Accessoires oder bedeutende und weniger bedeutende Anlässe und versucht einen Bogen zum gelebten Leben der Frauen, also zur erfahrenen Freude - und offenbar noch mehr Leid - zu schlagen. Kleiderschrankfrauen erzählen und reduzieren ihr Leben auf schick und out oder kommentieren Textilfragen ganz banal: "Ich habe nichts anzuziehen. Der Mist muss weg. Wer hat denn das gekauft?" Dazu kommt das obligatorische Frauenquieken aus der Umkleidekabine, wenn zwei Freundinnen beim Shoppen unterwegs sind.

Das Stück, das unter dem Genre Komödie firmiert, ist in vielen Teilen ernsthafter angelegt. Natürlich geht um Dick- oder Dünnsein. Hochzeit, Scheidung und Trennung sind gleich mehrfach das Thema, mit dem sich Kleidungsstücke verbinden. Männer kommen dabei häufig nicht gut weg. Aber auch auf Mütter und Schwiegermütter prasselt der Unmut ein. Besonders Mütter sind an vielem Schuld. Wenn die Braut ein wenig kleidsames Kleid ausgewählt hat, hat die Mutter sie einfach falsch beraten. Auch bei der gleichgeschlechtlichen Hochzeit legten die Autorinnen einer Mutter einen negativen Kommentar in den Mund: "Warum mussten sie das nur tun?". Für die Inszenierung wurden die fünf Schauspielerinnen allesamt in schwarze Kleider oder Hosen gepackt. "Schwarz ist immer schick", sagte dann auch Kleiderzeichnerin Pippi (Gabriele Misch) unwidersprochen. Alle Akteurinnen gingen in ihren Rollen auf. Das war nicht ganz einfach, weil sie gleich mehrere Charaktere spielen mussten und vieles abzuarbeiten war: mal Banales, mal Tragisches. So ging es erst um schwarze Stiefel für Plattfüße und später wurde eine Brustrekonstruktion nach einer Krebsoperation mit 27 Jahren thematisiert. Auch Peinliches fand auf der Bühne seinen Platz. So musste Cecilia Gagliardi in einer Rolle einen roten Menstruationsfleck auf einem Stuhl verbalisieren. Amüsanter waren die Wandlung von Katharina Gessner von der High Heel-Trägerin zur Birkenstockliebhaberin und zurück sowie die Salat-Liebesgeschichte von Anja Neukamm.

Ein furioses Solo legte Eva Maria Hörmann hin, als sie als Nora das Frauenthema Handtasche ausführlich behandelte. Sie stieg dafür von der Bühne herunter, lief durch die Zuschauerreihen und resümierte: "Die Handtasche ist ein großes schwarzes Loch." Dafür gab es Szenenapplaus vom Publikum. Beifall gab es auch für die absolute Textsicherheit bei diesem langen Monolog. Ihre teils ausführlichen Texte beherrschten auch alle anderen Schauspielerinnen souverän beim Erzählen ihrer Geschichten. Dieses Frauenstück schafft wenig Identifikation für Männer und könnte gar als Racheakt an ihnen missdeutet werden. "Männer müssen auch mal hören, was sie sichtlich nicht interessiert", meinte dann auch eine Besucherin zufrieden, "denn Frauen müssen seit Jahrhunderten langweilige Männerkriegsberichte aushalten."

Weitere Aufführungen am 17. (20 Uhr) und 19. April (19.30 Uhr).

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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