"Geben und Nehmen":Lektüre nicht nur für Liebespaare

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Rücken an Rücken: Öffentliche Bücherschränke gibt es in vielen Formaten - so wie hier eine ausrangierte Telefonzelle in Eichenau. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Hinter dem Rathaus soll eine Bücherbox aufgestellt werden. Damit erreicht der Trend zur frei zugänglichen Literatur nun auch Germering

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Begegnung mit Büchern im privaten Raum mag seltener werden, kommt doch die Bücherwand im Wohnzimmer aus der Mode. Dafür begegnen einem nun Bücher öfter an Straßen und auf Plätzen. Ursache für das öffentliche Auftreten des Buches sind die Bücherschränke, die allerorten aufgestellt werden. Das unkomplizierte Ausleihen von Literatur liegt im Trend. Auch im Landkreis gibt es bereits mehrere Bücherschränke, so in Fürstenfeldbruck, Puchheim, Maisach und Eichenau. Nun erfasst der Trend auch die Stadt Germering. Diese will zwei Gelegenheiten zum Entleihen von Büchern schaffen.

Eine der Bücherboxen soll hinter dem Rathaus stehen. Dort befinden sich seit einiger Zeit Sitzbänke. Der Ort lädt zum Verweilen ein und wird auch von jungen Liebespaaren frequentiert. Künftig können dort auch Besucher im Freien sitzen und - sozusagen in einer Freiluft-Bücherecke - lesen, was sie im Regal nebenan gefunden haben. Etwas weniger lauschig fällt der zweite vorgesehene Standort einer Bücherbox aus. In der Passage beim Zenja sitzt man weniger lauschig, dafür gibt es dort aber ein Café, in dem man zum Lesen ein Getränk erstehen kann.

Wie die Germeringer Bücherboxen aussehen werden, ist jedoch noch unklar. Um ihr Design werden sich Schüler der Eugen-Papst-Schule kümmern. Denn die Schule bekommt den Auftrag von der Stadt, die Behältnisse für die öffentlich zugängliche Literatur zu schaffen. Bis zu 2000 Euro, so steht es im Beschluss, darf ein Bücherbehältnis kosten. Beispiele für die Boxen gibt es genügend, denn Bücherschränke stehen bereits in diversen Orten. Sie sind bunte Flecken im Straßenbild, es gibt sie in verschiedenen Maßen und Farben, als große und kleine Kästen, ausrangierte Telefonzellen oder Gefrierschränke, die nicht mehr fürs Kühlen gebraucht werden. In Fürstenfeldbruck fungiert beispielsweise ein ausgedientes Bienenhaus als Bücherbehältnis, in Eichenau steht ein Exemplar der alten gelben Telefonzellen direkt am Bahnhof. In mehreren Regalen findet der Lesewillige, was Bücherspender dort deponiert haben. Denn die Bücherschränke sind nicht nur für Leute gedacht, die sich etwas zum Lesen ausleihen möchten, sondern auch für solche, die Lesestoff bereit stellen. Die Idee der Bücherboxen lebt vom Austausch der Literatur, vom Geben und Nehmen.

Doch das Geben und Nehmen klappt nicht immer so, wie es sich die Befürworter der Bücherboxen vorstellen. Nicht jedes Buch ist erwünscht, politisch extremistische, Gewalt verherrlichende oder pornografische Schriften beispielsweise sollen sich in den frei zugänglichen Bücherregalen nicht finden. Ebenso möchte man verhindern, dass Bücher entnommen werden, um mit ihnen Fußball zu spielen (was bereits vorgekommen ist) oder die Boxen beschmiert und demoliert werden. Also braucht es Freiwillige, die sich um den literarischen Bestand kümmern. Grünen-Stadträtin Agnes Dürr, die den Antrag gestellt hatte, Bücherboxen aufzustellen, kündigte an, freiwillige Bibliothekare zu suchen und deren Einsatz zu koordinieren. Der öffentlichen Begegnung mit Büchern steht nichts mehr im Weg.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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