Umweltfreundlicher Strom:Doch nicht Schlusslicht

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Die beiden Windräder tragen ihren Teil dazu bei, den Landkreis unabhängig von Öl, Kohle und Gas zu machen. (Foto: Günther Reger)

Alexa Zierl widerspricht dem früherem Mammendorfer Bürgermeister Thurner und beziffert den Anteil des im Landkreis erzeugten umweltfreundlichen Stroms auf mindestens 30 Prozent

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbuck

Der Landkreis könnte sein Ziel, bis 2030 unabhängig von Öl, Kohle und Gas zu werden, allen Unkenrufen zum Trotz sehr wohl noch erreichen. Das sagt Alexa Zierl, die Vorsitzende des Klimawendevereins Ziel 21. Sie tritt damit Zweifeln entgegen, die jüngst der frühere Mammendorfer Bürgermeister Johann Thurner im Kreistag geäußert hatte. Die von Thurner unter Berufung auf die Internetseite Energymap.info genannten Zahlen seien nicht korrekt, so Zierl.

Auf der Internetseite stellt die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie bis hinunter auf Gemeindeebene eine Art Strombilanz auf. Der Stromverbrauch wird dabei dem mittels erneuerbaren Energien produzierten Strom gegenüber gestellt, um die Erfolge auf dem Weg Richtung nachhaltige Energieerzeugung zu dokumentieren und verbleibende Defizite aufzudecken. Der Sonnenenergie-Verein räumt eine teils lückenhafte Datenbasis ein. Gerade der Landkreis Fürstenfeldbruck sei ein Beispiel dafür, wie sehr sich dadurch Zahlen verzerren können, so Zierl. Denn der Stromverbrauch wird von Energymap.info einfach vom bundesweiten Wert auf den Landkreis "heruntergerechnet". Weil der Landkreis aber im Gegensatz etwa zu Pendants in Nordrhein-Westfalen nicht über stromintensive Industrie verfügt und zudem noch vergleichsweise dicht besiedelt ist, ergibt sich hier ein Wert, der den tatsächlichen Verbrauch laut Zierl "um das Zweieinhalbfache überschreitet". Energymap schätzt den Stromverbrauch im Landkreis auf jährlich etwa 1500 Gigawattstunden. Das Klimaschutzkonzept gibt diesen - für das Jahr 2010 - aber mit lediglich 600 Gigawattstunden an. Die Folge: Laut Energymap werden im Landkreis lediglich zwölf Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Wasser, Biogas oder Geothermie gedeckt. Das würde im oberbayerischen Vergleich Platz 20 von 23 bedeuten. Werden die im Landkreis erhobenen Zahlen zugrunde gelegt, steigt der Anteil freilich drastisch auf etwa 30 Prozent an. Wird auch noch die von der Müllverbrennungsanlage in Geiselbullach erzeugte Strommenge berücksichtigt, steigt der Wert sogar auf 38 Prozent. Damit ergäbe sich ein völlig anderes Bild.

Dass andere Landkreise wie Dachau mit "ehrlich gerechneten" Werten von um die 50 Prozent die Nase vorn haben könnten, lässt sich nach Auffassung der Brucker Grünen-Stadträtin erklären und ist eher ein Grund zur Freude: Im dünner besiedelten Nachbarlandkreis stehen vor allem viel mehr Windräder. Werden für den Landkreis Fürstenfeldbruck vier Anlagen aufgeführt, so sind es für Dachau sieben Anlagen, die mit gut 24 000 Megawattstunden pro Jahr fast die fünffache Strommenge produzieren. Auch bei der Photovoltaik, der Wasserkraft und beim Biogas liegt Dachau vor Fürstenfeldbruck.

Gleichwohl ist Alexa Zierl durchaus zufrieden mit dem Erreichten. Ihre Berechnungen auf Grundlage des Klimaschutzkonzepts haben ergeben, dass die Ökostromproduktion sich im Landkreis Fürstenfeldbruck von 2012 bis 2015 fast verdoppelt hat, von 91 auf fast 177 Gigawattstunden - noch ohne Berücksichtigung der Müllverbrennungsanlage. Gleichwohl räumt die Ziel-21-Vorsitzende ein, dass längst noch nicht das gesamte Potenzial ausgeschöpft ist. Hoffnungen setzt sie vor allem auf Fotovoltaikanlagen auf den Dächern. "Da gibt es noch ein großes Potenzial". Zwar lohnt sich die Einspeisung ins Netz nach der Novellierung des Erneuerbaren Energiengesetzes (EEG) nicht mehr sonderlich - wohl aber der Eigenverbrauch des selbst produzierten Stroms. "Relativ kleine Anlagen lassen sich auch heute noch rentabel betreiben", sagt Zierl. Zudem hofft sie, dass sich doch noch Gemeinden finden, die über den Umweg eines Bebauungsplans Standorte für Windräder ausweisen - und darauf, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vielleicht noch in diesem Jahr die 10-H-Abstandsregel kassiert. Im November 2014 hatten 150 Bürger eine Popularklage eingereicht.

Darüber dürfe man aber einen anderen Bereich nicht übersehen: das Einsparen von Energie - im Wärmebereich durch bessere Dämmungen. Und 40 Prozent Stromersparnis sei für einen klassischen Vierpersonenhaushalt durch die Anschaffung moderner sowie das Abschalten von ungenutzten Geräten erreichbar, so Zierl, die ähnliche Erfahrungen mit der eigenen Familie im eigenen Haus gesammelt hat. Bei einer Jahres-Stromrechnung in Höhe von 1000 Euro würde das 400 Euro Ersparnis bedeuten.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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