Fürstenfeldbrucker Stadtrat beschließt:Belastete Straßennamen bleiben

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Die Wernher-von-Braun-Straße in Fürstenfeldbruck soll weiterhin nach dem Ingenieur heißen, der in der NS-Zeit seine Raketen von Zwangsarbeitern bauen ließ. (Foto: Günther Reger)

Eine Mehrheit aus BBV, CSU, FDP, Freien Wählern und ÖDP will die Schilder von Wernher von Braun, Julius Langbehn, Paul von Hindenburg und fünf Wehrmachtssoldaten behalten. Darunter sollen Info-Tafeln angebracht werden.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Weder ein Appell des Stadtjugendrats noch des Bündnisses "Bruck ist bunt statt braun" haben gefruchtet. Eine klare Mehrheit aus CSU, BBV, FDP, FW und ÖDP im Brucker Stadtrat hat am Mittwoch eine Umbenennung von acht NS-belasteten Straßen abgelehnt. Stattdessen sollen Zusatztafeln über positive und negative Aspekte im Lebenslauf der Straßenpatrone informieren.

Die Debatte im Stadtrat dauerte mehr als zwei Stunden, wobei sich mehr als die Hälfte der Räte zu Wort meldete. Dabei machten Vertreter von CSU, BBV, FW, FDP und ÖDP deutlich, dass sie Zusatztafeln favorisieren. Diese würden der "Ambivalenz" der Namensgeber besser gerecht, außerdem lehne eine Mehrheit der Anwohner die Umbenennung ab. Kulturreferent Klaus Wollenberg (FDP) hofft auf eine Befriedung und Dieter Kreis (ÖDP) verlangte, dass die Informationstafeln ganz ausführlich sein sollen.

Dagegen setzten sich SPD und Grüne dafür ein, die belasteten Namen zu entfernen. Jan Halbauer (Grüne) warnte davor, dass die Zusatztafeln nur zu neuen Problemen führen würden, Ulrich Schmetz (SPD) bezeichnete sie als Etikettenschwindel. Die parteifreie Alexa Zierl warb dafür, sowohl die Schilder zu entfernen als auch Informationstafeln aufzustellen. Tommy Beer und Hermine Kusch (beide BBV) sowie Rolf Eissele (CSU) wichen von der Mehrheitsmeinung ihrer jeweiligen Fraktion ab. Eissele verwies auf die Außenwirkung der Schilder und plädierte dafür, an die Opfer des NS-Regimes und deren Angehörige zu denken. Dennoch wurden die Umbenennung mit 13 zu 25 abgelehnt und stattdessen mit 25 zu13 die Zusatzschilder beschlossen. Deren Texte soll die Verwaltung erarbeiten. Eine Einzelabstimmung über die Namensgeber, wie in der Sitzungsvorlage angeboten, fand nicht statt.

Neben von Braun werden Reichspräsident Paul von Hindenburg, der Antisemit Julius Langbehn im Ortsteil Puch sowie in der Fliegerhorstsiedlung fünf Angehörige der Wehrmacht weiter geehrt, darunter zwei Angehörige der Legion Condor, die im spanischen Bürgerkrieg die Stadt Guernica zerstörte, sowie General Emil Zenetti, als Freikorpsoffizier 1919 an Massakern in München beteiligt und späterer NS-Führungsoffizier.

Die Abstimmung markiert das vorläufige Ende einer fünfjährigen Auseinandersetzung, die im Kulturausschuss, einem Arbeitskreis des Stadtrates, auf Anwohnerversammlungen und in den Medien geführt worden ist. In Reaktion auf die Debatte um das Wernher-von-Braun-Gymnasium in Friedberg forderten Grüne und Jusos im Frühjahr 2013, eine dem Raketenbauer gewidmete Straße in Bruck umzubenennen. Weil in der Stadt bereits über andere Namen gestritten wurde, schlug der damalige Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU) vor, sich mit allen problematischen Straßenpatronen zu befassen.

In den folgenden Jahren diskutierten Kulturausschuss und Arbeitskreis über insgesamt 17 Namen, von denen neun von einer Mehrheit rehabilitiert wurden, darunter der Wehrwirtschaftsführer Willy Messerschmitt und der Brucker Märchenmaler Otto Kubel, ein NSDAP-Mitglied.

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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