Fürstenfeldbruck:Zu viel Selbstverwaltung

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Brucker Stadträte werfen der Kämmerei vor, über ihre Köpfe hinweg die Schulbudgets verändert zu haben. Der Fall zeigt, dass es aufmerksamer Politiker bedarf, die nicht einfach alle Vorlagen durchwinken

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Was darf eine Stadtverwaltung eigenverantwortlich entscheiden? Wo haben die gewählten Bürgervertreter das letzte Wort? Und wer kontrolliert die Stadtspitze? Drängende Fragen, mit denen sich nun Fürstenfeldbruck beschäftigt. Am Rande der Haushaltsberatungen ist es jüngst zum Eklat gekommen, nachdem Änderungen bei den Schulbudgets eher beiläufig bekannt gegeben worden waren. Politiker werfen der Kämmerei vor, ihre Kompetenzen zu überschreiten und weder Fachreferentin noch Fachausschuss konsultiert zu haben.

Realitätsfern? Kämmerin Susanne Moroff warnt Stadträte... (Foto: Johannes Simon)

Kämmerin Susanne Moroff und eine Mitarbeiterin mussten sich harsche Kritik anhören. Letztlich geht es weniger darum, ob die Budgets für die Grund- und Mittelschulen nun anhand der Schülerzahl oder des tatsächlichen Bedarfs entschieden wird, sondern vielmehr um die demokratische Legitimation und darum, ob die Stadtverwaltung mit dem Oberbürgermeister an der Spitze ausreichend kontrolliert wird. Das ist mitnichten ein Bruck-spezifisches Problem, auch wenn die dortige SPD-Fraktion Klaus Pleil aktuell beim Aufregerthema Stadtwerkeverlagerung vorwirft, er agiere nach Gutsherrenart und ignoriere Beschlüsse zuständiger Gremien wie Stadt- und Aufsichtsrat. Auch in anderen Kommunen kracht es schon mal zwischen Verwaltung und politischer Vertretung. So ärgern sich SPD und Grüne über viele "dringliche Anordnungen" des Landrats, die sie nachträglich legitimieren sollen.

In der Kreisstadt waren den Schulen mehr als zehn Jahre lang jeweils einheitliche Pauschalen pro Schüler gewährt worden. Über die genaue Verwendung entschieden die Schulleitungen. Eine solche Budgetierung sollte zum sparsamen Haushalten animieren. Kamen die Einrichtungen damit nicht aus, wurden die Mittel aber letztlich doch aufgestockt. Legt man den tatsächlichen Vorjahresbedarf einer Schule für die Berechnung ihres Budgets zugrunde, dann liegt man näher an der Realität. Und deshalb entschied sich die Kämmerei, vom Weg der Kopfpauschalen abzuweichen. Weil die Kräfte der Finanzverwaltung gebunden sind - sie stellt den Haushalt von der Kameralistik auf die Doppik um - fiel die Entscheidung schnell und ziemlich unbürokratisch. Finanzreferent Walter Schwarz (SPD) und OB Klaus Pleil (BBV) wurden zwar in Kenntnis gesetzt, unterschätzten aber offenbar den politischen Zündstoff und brachten keine Einwände vor. Das rächte sich bei den Haushaltsberatungen. Dort wurde FDP-Stadtrat Klaus Wollenberg hellhörig und warf der Kämmerei prompt vor, Stadtratsbeschlüsse "still und leise zu kassieren". Ähnlich äußerte sich Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler (Grüne): "Das ist wirklich nicht ganz sauber." Franz Neuhierl (Freie Wähler) rügte die Verwaltung ebenfalls für das aus seiner Sicht eigenmächtige Handeln. Die Stadträte hätten neben der Budgetverantwortung auch ein Kontrollrecht. Den Einwand Moroffs, umfassende Konsultationen würden die Haushaltsberatungen über Gebühr in die Länge ziehen, ließ er ebenso wenig gelten wie Herwig Bahner (CSU). Letztlich einigten sich die Mitglieder des Finanzausschusses auf Empfehlung Pleils darauf, die von der Kämmerei vorgesehene Regelung in diesem Jahr zu akzeptieren. Nächstes Jahr aber soll über die künftige Vorgehensweise im Schulausschuss beraten werden.

2010 hatte es bei den Brucker Haushaltsberatungen ebenfalls einen Disput über den Umgang mit den Schulbudgets gegeben. In dessen Verlauf hatte Axel Lämmle (SPD) dem damaligen Kämmerer Johann Kronauer die provokante Frage gestellt, ob die Kämmerei Politik zu machen gedenke. Wollenberg erinnert sich an ein weiteres Beispiel: Bei der Debatte um den Gewerbesteuerhebesatz habe die Verwaltung zu offensichtlich die Linie der SPD übernommen. Gleichwohl will er nicht den Stab über die Kämmerei brechen, die zurzeit unter großem Druck stehe. Der FDP-Politiker nimmt den aktuellen Fall vielmehr zum Anlass, mehr Aufmerksamkeit anzumahnen. Auch wenn bei den Haushaltsberatungen dicke Aktenordner abgearbeitet werden müssen, dürfe nicht alles mit Blick auf die Uhr durchgewunken werden. Niemand solle sich scheuen, kritische Fragen auch zu kleineren Posten zu stellen. "Da trägt man schnell das Etikett Querulant. Aber auch wenn der Stadtrat offiziell ein Teil der Verwaltung ist, so haben wir doch eine Aufsichtsfunktion."

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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