Fürstenfeldbruck:"Unsäglich und polemisch"

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Scharfe Kritik am Landrat wegen Äußerungen über Asylbewerber

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Äußerungen von Landrat Thomas Karmasin (CSU) über Asylbewerber aus Kosovo haben im Landkreis einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Gleichwohl räumen Experten wie der Brucker Integrationsreferent Willi Dräxler ein, dass Perspektivlosigkeit, hohe Arbeitslosigkeit und materielle Not in dem osteuropäischen Land häufig eine größere Rolle spielen als politische Verfolgung. Der Landkreis bereitet sich auf die Unterbringung weiterer Asylbewerber vor. Allein im Januar haben 4600 Kosovaren und Albaner in Deutschland Asyl beantragt.

Mit Blick auf die mit 1,2 Prozent sehr niedrige Anerkennungsquote der Kosovaren hatte Karmasin in einer Pressemitteilung von "Winterurlaubern auf Kosten unserer Steuerzahler" gesprochen. Man müsse dem "groben Missbrauch Einhalt gebieten", um die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung nicht aufs Spiel zu setzen. Peter Falk (SPD) bezeichnete den Landrat am Donnerstag als Scharfmacher und "Stichwortgeber für Gruppen, die meinen, sich gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes zu Wehr setzen zu müssen". In Anlehnung an die Kurienschelte von Papst Franziskus bescheinigt Falk dem Landrat "spirituelles Alzheimer". In Kosovo würden Minderheiten wie die Roma sehr wohl verfolgt. Ein Abgreifen von Geldleistungen kann Falk nicht erkennen, werden Asylbewerber doch in Sammelunterkünften untergebracht und erhalten nur ein Taschengeld. Falk: "Der Landrat spielt mit dem Feuer, ich finde das unsäglich." Statt hilfsbereite Bürger so zu demotivieren, solle Karmasin sich lieber dafür einsetzen, dass "die Ursachen in den Herkunftsländern angegangen werden".

Ähnlich sieht das Dräxler. Der Brucker BBV-Stadtrat ist Fachreferent der Caritas für Migration und Integration. Auch wenn das Asylrecht für Menschen aus Kosovo wohl "nicht das richtige Instrument" sei - diese als "Winterurlauber" zu bezeichnen, sei polemisch. Daran ändere auch nichts, dass der Großteil offenbar nicht den Minderheiten im Kosovo angehört. Dräxler plädiert für eine bessere EU-Wirtschaftspolitik, die solche Wanderungen überflüssig macht. Dass die Welle der Asylbewerber vom Balkan die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung schwinden lassen könnte, hält Dräxler für plausibel. Verstärkt werde dieser Effekt aber von plakativen, öffentlichen Aussagen wie jenen Karmasins. Dräxler: "Wir sollten keine Feindbilder schaffen und keine Stimmung schüren!" Birgit Epp, Sprecherin des Brucker Asylhelferkreises, warnt ebenfalls davor, "Ressentiments gegen Asylbewerber zu schüren". Die Worte des Landrats seien "nicht hilfreich". Das CSU-Mitglied solle sich lieber darum kümmern, dass seine Parteifreunde an der Landes- und Bundesspitze Gesetze, Asylverfahren und die Wirtschaftspolitik menschlicher gestalteten. Von Willkommenskultur könne keine Rede sein, wenn diese auf Kriegsflüchtlinge beschränkt werde. Epp warnt davor, die Asylbewerber aus Kosovo über einen Kamm zu scheren und sie als Schmarotzer zu diskreditieren.

Auch im Kreistag am Donnerstag schlug das Thema hohe Wellen. So warf Martin Runge (Grüne) dem Landrat "dumpfe, bösartige Polemik" vor.

© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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