Vereinswelt:Unersetzlich

Lesezeit: 2 min

Die Bürgermeister können sich ihre Kommunen nicht ohne Vereine vorstellen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

"Stell dir vor, es brennt und keiner löscht." Mit diesem Slogan werben manche Freiwilligen Feuerwehren für neue Mitglieder. Doch nicht nur die lebenswichtige Arbeit ehrenamtlicher Feuerwehrmänner bereichert das Leben in Städten und Gemeinde enorm. Die Vorstellung, es gäbe keine Sport- und Musikvereine, weder Laientheater noch historische Vereine, lässt das Miteinander in einer Kommune ganz schön trist und farblos erscheinen. "Ich weiß, wenn ich als Bürgermeister keine Vereine mehr habe, kann ich die Stadt zusperren", sagt Klaus Pleil und spielt dabei nicht nur auf die wertvolle Kinder- und Jugendarbeit an. Brucks OB ist außerdem überzeugt, dass der Verein als solcher nicht vom Aussterben bedroht ist. Nur manchmal seien die Themen für die Jugend nicht mehr interessant, und manchmal versäume es die Führung, den Nachwuchs rechtzeitig in die Verantwortung zu lassen.

"Was die Vereine leisten, ist ja Wahnsinn. Das könnten wir gar nicht bezahlen", unterstreicht Pleil, der sich selbst als "Vereinsmeier" im besten Sinn bezeichnet, obwohl er nur im Skiclub und früher bei den Handballern war. Seine Tochter etwa trainiert dort jetzt die Jugend. Was sie dabei an Fähigkeiten lerne und an Erfahrungen mache, sei durch nichts zu ersetzen. Weil er um die große Bedeutung der Vereine für das Zusammenleben weiß, ist der OB zurzeit dabei, möglichst viele Brucker Clubs kennenzulernen. Die viel zitierte These, die Jugend interessiere sich nicht für Vereinsarbeit und habe keine Zeit mehr, will er so nicht mittragen. Soeben etwa habe er die Subkultur besucht, "ein super funktionierender Verein", der auf dem alten Schlachthofgelände Konzerte organisiert. "Die haben immer wieder eine neue Vorstandschaft, da pappt keiner an seinem Stuhl." Darin sieht Pleil eine Ursache für Nachwuchsmangel, eine weitere in teils veralteten Themen, die die Jugend nicht interessieren.

Puchheims Zweiter Bürgermeister sieht das ähnlich. Männergesang- und Gartenbauvereine haben nach Rainer Zöllers Beobachtung "kaum Jüngere, also 30-, 40-Jährige". Die Gartler in Puchheim-Ort allerdings haben nun eine Kindergruppe, die "Gartenzwerge", gegründet. Die wiederum sei sehr beliebt. Sein Resümee: "Man muss das interessant machen für die Jungen." Generell beurteilt der langjährige Kommunalpolitiker und ehemalige Sportreferent den Beitrag, den die verschiedenen Vereine für die Gesellschaft leisten, als unersetzlich: "Ohne sie würde es bei uns dodeln, sag ich mal." Unabhängig von dem mannigfachen Angebot bewirkten sie vor allen Dingen, dass sich die Menschen vor Ort besser kennenlernen und zu einer Gemeinschaft wachsen.

Für seinen Olchinger Kollegen Robert Meier, den Vorsitzenden des Feuerwehr-Vereins Geiselbullach, sind die mehr als 150 Vereine schlicht "das gesellschaftliche Leben" der Stadt. Stadtfest, Ferienprogramm, Weihnachtmarkt et cetera - ohne Vereine gäbe es das alles nicht. "Die Kommune wäre aus personeller und finanzieller Sicht völlig überfordert", ist sich Meier sicher. Schon allein die essenziell wichtige Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren durch eine Berufsfeuerwehr zu ersetzen, würde die Stadt vor kaum zu bewältigende Aufgaben stellen.

Ähnlich sieht das Hans Seidl. Maisachs Bürgermeister ist zu Beginn seiner Amtszeit etlichen Vereinen diverser Ortsteile beigetreten, "20 bis 25", wie er schätzt, um sie moralisch und auch ein bisschen finanziell zu unterstützen. Auch die Gemeinde fördere die Arbeit der Vereine finanziell, bei Bauten, großen Anschaffungen sowie der Nachwuchsarbeit. Seidl findet "die finanzielle Ausstattung wichtig, weil nur wenn sie etwas bewegen können, bleiben sie auch mit dabei". Landrat Thomas Karmasin sieht in der Existenz der Vereine gar eine "Triple-Win-Situation": Den Einzelnen erfüllt das Engagement in der Gemeinschaft, die diversen Angebote bereichern das Zusammenleben mit Beiträgen, die der Staat nicht leisten kann, und schließlich sieht er für jeden Einzelnen einen Gewinn: "Wir alle wären ohne ärmer dran."

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: