Berufsporträt:Schreinern als Sport

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Sorgfalt bei der Arbeit: Mit Blick auf die Weltmeisterschaft in Abu Dhabi setzt der Brucker Schreiner Markus Figl den Hobel an. (Foto: Günther Reger)

Der 20 Jahre alte Markus Figl aus Fürstenfeldbruck beherrscht sein Handwerk. Möbel fertigt er allerdings nicht nur für Kunden, sondern auch als Training für die Weltmeisterschaft der Berufe

Von Anna Landefeld-Haamann, Fürstenfeldbruck

Richtig glauben kann es Markus Figl immer noch nicht. "Das dauert bestimmt eine Weile. Es ist echt Wahnsinn", erzählt der 20-Jährige. Figl hat auch noch gute zwei Jahre Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Der Schreinergeselle aus Fürstenfeldbruck nimmt im Herbst 2017 an den "Worldskills" in Abu Dhabi teil. Seit 1971 wird die Berufsweltmeisterschaft regelmäßig in verschiedenen Ländern ausgetragen. In Deutschland fand sie zuletzt im Jahr 2013 in Leipzig statt. 200 000 Menschen sahen sich damals die Wettbewerbe an. Viele nicht-akademische Berufsgruppen treten gegeneinander an. Der Punktbeste aus allen Berufen erhält den "Albert Vidal Award", benannt nach dem Gründer der Worldskills. Die Teilnehmer kommen aus der gesamten Welt und sind unter 23 Jahre alt. Momentan sind 75 Nationen beim Dachverband "Worldskills Organization" gemeldet.

"Was für Sportler die Olympischen Spiele sind, das sind für uns Handwerker diese Worldskills", sagt Figl. Er ist einer der 80 Mitglieder des deutschen Nationalteams. "Wir sind eine ganz bunte Mischung", sagt Figl, der seine Mitstreiter aber noch nicht kennen gelernt hat. Die "bunte Mischung" besteht unter anderem aus Friseuren, Damenschneidern, Fliesenlegern oder Köchen. Neben Figl fliegt noch ein zweiter deutscher Schreiner nach Abu Dhabi. Mit wem Figl das deutsche Schreiner-Team bildet, steht noch nicht fest. Er wird beim Bundesleistungswettbewerb im Tischler- und Schreinerhandwerk im kommenden Jahr ermittelt.

Auch Figl hat sich seinen Platz im Nationalteam hart erkämpft. Seine Lehre hat er mit der Note 1,3 im August abgeschlossen - als Prüfungsbester von insgesamt 24 Brucker und Dachauer Lehrlingen. Dabei hatte sich Figl "eher zufällig" nach einem Praktikum für den Schreinerberuf entschieden. Auf sein Gesellenstück ist der Brucker immer noch stolz. Es ist ein sogenannter Taschenleerer. Eine Art hängendes Sideboard aus Esche mit wabenförmigen Schubläden und Klappen für Schlüssel oder Schmuck. Die Rückwand ist beschichtet mit Schwarzpulver. So können daran Briefe oder Einkaufszettel mit Magneten befestigt werden. "Der Taschenleerer hat einen ganz besonderen Platz im Haus meiner Eltern erhalten."

Einen Monat nach der Gesellenprüfung lud ihn die Handwerkskammer zum oberbayerischen Vorentscheid ein. Innerhalb von acht Stunden baute Figl das beste Möbel unter den zwölf Teilnehmern. Auch den Landeswettbewerb in München entschied er für sich. Das erste Mal strauchelte Figl dann beim Bundeswettbewerb im oberfränkischen Ebern. "Der Druck war sehr groß." Bis heute ist er mit seiner Leistung dort nicht zufrieden. Es unterliefen ihm mehrere Fehler bei einem Kleiderständer aus Buche. "Aus Versehen habe ich ein Bauteil zerstört. Das hat mich geärgert", erzählt Figl. Bei zwei Verbindungsstangen verwechselte er die Seiten und musste von vorn beginnen. Zum Schluss langte es aber für den dritten Platz. Durch Zufall rückte Figl nach - der Erst- und Zweitplatzierte sind für die Weltmeisterschaft zu alt. Mitte nächsten Jahres wird Figl ein einwöchiges "fachliches und psychologisches Training" absolvieren. Er wird üben, Treppen, Fenster und Türen zu bauen. Diese werden auch in Abu Dhabi geprüft. "Das wird richtig hart", sagt Figl, der am liebsten "aufwendige Küchen" anfertigt. Auch psychologisch ist es für ihn eine Herausforderung: "Wir schreinern in einer Art Käfig. Um uns herum werden die Jury und das Publikum stehen."

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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