SC Fürstenfeldbruck:Rechenkünste

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Damals im Jahr 2012 waren noch die Profis vom FC Bayern München (in der Mitte David Alaba) beim SCF zu Gast. Heute hat der Verein aktuell keine Mannschaft mehr. (Foto: Günther Reger)

Der SC Fürstenfeldbruck versucht Schulden abzubauen und muss gleichzeitig neue anhäufen, weil das Finanzamt 50 000 Euro möchte. Ob das noch lange gut geht? Eine Spurensuche vor der Jahreshauptversammlung

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der FC Ingolstadt ist gerade in die Fußball-Bundesliga aufgestiegen. Was das mit dem SC Fürstenfeldbruck zu tun hat? Nichts eigentlich, allerdings spielten beide Clubs vor zehn Jahren noch gegeneinander, in der Bayernliga. Und während der Weg der Ingolstädter nach oben führte, ist der SCF nur noch ein Sechstligist mit zweistelligem Tabellenplatz nur wenig oberhalb der Relegationsränge. Was freilich noch schwerer wiegt als der mangelnde sportliche Erfolg: Das Überleben des fast hundert Jahre alten Fürstenfeldbrucker Sportvereins ist wegen hoher Schulden in Gefahr. Im März hatte Präsident Jakob Ettner das Defizit auf 90 000 Euro beziffert.

Nun soll der Verein auch noch 50 000 Euro an Steuern nachzahlen. Das Finanzamt hat ihm nach einer Überprüfung für das Jahr 2012 die Gemeinnützigkeit aberkannt. Der Verein verliert damit seine steuerlichen Privilegien. Beanstandet wurde offenbar das kurzfristig anberaumte Gastspiel der Profis des FC Bayern München am 25. Oktober 2012 in Fürstenfeldbruck. 3300 Besucher wurden damals stolz gemeldet, beim Finanzamt hatte der Verein offenbar weniger angegeben. Das Finanzamt selbst will sich zu dem Fall nicht äußern. Wie die SZ nach dem Ereignis berichtete, brachte das Freundschaftsspiel 30 000 Euro ein und sollte helfen, die schon damals vorhandene Schuldenlast zu verringern.

Auch die Angaben zum Public Viewing, das zur Fußball-EM im Juni 2012 im Brucker Stadion stattfand, sollen unter die Lupe genommen worden sein. Um die Abwicklung des öffentlichen Fußballguckens auf einer 59 Quadratmeter großen Riesenleinwand kümmerte sich die Firma "Trend Line Sport und Event Management GmbH" des damaligen SCF-Vizepräsidenten Eckart Lutzeier und des Gilchinger Unternehmers Hans Leier. SZ-Informationen zufolge wollte die Firma für die vierwöchige Nutzung des Stadions 15 000 Euro bezahlen. Andreas Conrad, derzeit Vizepräsident beim Sportclub, sagt, in einer Protokollnotiz aus einer Vorstandssitzung sei von 20 000 Euro die Rede, die Summe aber nie beim Verein eingegangen. Conrad beklagt, dass man die Firma "Trend Line" für Nachfragen nicht erreiche. Sie wurde im März 2012 gegründet, Anfang 2013 schied Lutzeier als Geschäftsführer aus, im Januar 2014 änderte die Firma Namen, Sitz und Gegenstand: Sie heißt seither Neue Kompetenz GmbH, residiert in Gilching und ist nun eine Unternehmensberatung.

Gegen die Steuernachforderung legte der SCF Widerspruch ein. Falls die Summe von 50 000 Euro tatsächlich fällig würde, hätte der Verein in etwa die Summe an Schulden wieder angehäuft, derer er sich zuvor auf elegante Weise entledigt hatte, indem er ein Privatdarlehen seines Ehrenpräsidenten Hans Hahn von ursprünglich 70 000 Euro nicht mehr bediente. Die noch abzustotternde Darlehenssumme lag bei etwa 45 000 Euro, seit einem knappen halben Jahr aber hat Hahn keine Raten mehr vom SCF erhalten. Er hat das Darlehen nun gekündigt und will seine sieben Bürgen, darunter Teile des ehemaligen SCF-Vorstands, in Regress nehmen. Mit juristischen Mitteln will er nicht gegen den Verein vorgehen: "Ich will nicht schuld sein, wenn der SCF insolvent werden sollte", sagte Hahn am Mittwoch der SZ. Hahn war von 1988 bis 1992 selbst Präsident des SC Fürstenfeldbruck und wurde später in den Rang eines Ehrenpräsidenten erhoben. Im Vorjahr hatte Hahn Jakob Ettner als neuen Vereinschef vorgeschlagen, der dann auch gewählt wurde.

Ettner ist auch noch Jugendleiter des Vereins, Zeit für das Amt hat er indes kaum noch. Seither dümpelt die Jugendabteilung, die sich bis vor drei Jahren noch Partnerverein des FC Bayern nennen durfte, quasi ohne Führung dahin. Ettner selbst ist nicht erreichbar, seit die Sache mit dem Finanzamt öffentlich geworden ist. Ein einziges Mal bricht er für einen Moment sein Schweigen und lässt durchblicken, er würde im Verein hintergangen. Man sei nicht bei allen Themen einer Meinung, sagt sein einziger Stellvertreter, Andreas Conrad. Ettner überlässt die Deutungshoheit über den Club, den er führt, anderen.

Zumindest bis zur Jahreshauptversammlung an diesem Donnerstag. Dann wird er den Mitgliedern des Vereins, der seit dem Austritt der Tischtennis- und der Badmintonabteilung ein reiner Fußballverein ist, Rede und Antwort stehen müssen. Auch zur Frage, welche Auswirkungen die Vorgänge rund um die Steuernachzahlung auf den Vorstand haben, der im Jahr 2012 amtierte. Das Präsidium wurde damals von Siegfried Müller geführt, dessen Firma Techno Markt gleichzeitig Hauptsponsor war und noch immer die Namensrechte am Fürstenfeldbrucker Stadion besitzt. Müllers Gesellschafterkollege Paul Randolf hatte im Januar klar gestellt, dass die Firma "kein Geld für regionale Werbung" habe und deswegen auch beim SCF aussteigen wolle. Weil der im Jahr 2009 geschlossene Vertrag jedoch nicht gekündigt wurde, verlängerte er sich um ein weiteres Jahr. Man sei wieder "in Gesprächen", bestätigt nun Siegfried Müller, als Werbepartner sei man schließlich schon "seit zig Jahren dabei" und habe viel Geld investiert.

Der Brucker Stadtrat muss der Vergabe der Namensrechte neuerlich zustimmen. Das hatte er in der Vergangenheit mit großer Mehrheit getan. Auch so manche Kapriole um beispielsweise nicht satzungsgemäß durchgeführte Vorstandswahlen ließen Brucker Kommunalpolitiker, die regelmäßig bei Jahresversammlungen anwesend sind, dem Verein immer wieder unbeanstandet durchgehen. Dabei greift die Stadt dem SCF ganz ordentlich unter die Arme. 200 000 Euro und die Zwischenfinanzierung für ein Verbandsdarlehen gab's von der Stadt für den Kunstrasenplatz, dazu jährlich fast 100 000 Euro für die Instandhaltung des Sportzentrums. Der Verein könne sich der Unterstützung durch die Stadt sicher sein, aber man werde das Geschehen "mit kritischen Augen und Ohren überwachen", hatte immerhin der Zweite Bürgermeister Erich Raff im Vorjahr bei der Versammlung angekündigt.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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