Fürstenfeldbruck:Rad auf Zeit zum Nulltarif

Lesezeit: 3 min

Fürstenfeldbruck will möglichst noch dieses Jahr ein flexibles Verleihsystem mit Fundrädern einführen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt wird als erste Kommune im Landkreis ein Radverleihsystem einführen. Vorgesehen ist, dass an zehn über das Stadtgebiet verteilten Stationen etwa 50 nicht abgesperrte, nummerierte und farblich gekennzeichnete Fahrräder kostenlos rund um die Uhr ausgeliehen und später an einer beliebigen Station zurückgegeben werden können. Um die Kosten für den "Brucker Radlverleih" gering zu halten, sollen in einer zwei- bis dreijährigen Probephase vor allem herrenlose Räder eingesetzt werden. Falls sich zeigen sollte, dass dieses sehr niederschwellige Angebot missbraucht wird und zu viele Räder beschädigt oder gestohlen werden, wird es später durch eine automatisiertes System nach Strickmuster von Call-a-Bike oder Nextbike ersetzt. Am Mittwoch hat sich der Umwelt- und Verkehrsausschuss für die Einführung ausgesprochen. Die Stadtverwaltung wird nun die genauen Modalitäten prüfen. Eine Einführung noch in diesem Jahr hält Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler (Grüne) für durchaus möglich.

Bis dahin ist noch zu klären, in welchem Maße der Bauhof mit Arbeiten betraut werden kann. Dessen Fahrzeuge und jene der Stadtgärtnerei sind ohnehin regelmäßig in Bruck unterwegs. Er könnte beauftragt werden, jenseits der Stationen herumstehende Räder einzusammeln oder überzählige Räder von einer Station zu anderen zu bringen. Ob die Bauhofmitarbeiter auch kleinere Reparaturen vornehmen können, ist offen. Karin Geißler, deren Fraktion 2012 die Prüfung eines Leihsystems erstmals angestoßen hatte, hält es für unwahrscheinlich, dass der Bauhof alles allein stemmen kann. Signale aus dessen Umfeld bestätigen die Einschätzung: das Projekt stößt - wohl auch mit Blick auf die zusätzliche Arbeitsbelastung - auf Skepsis. Die städtische Fahrradbeauftragte Josefa Dahme sucht deshalb nach möglichen Partnern, die etwa Wartung und Kontrolle übernehmen könnten: Fahrradgeschäfte, Werkstätten oder Organisationen wie die Brucker Caritas, die an der Kapuzinerstraße vor einigen Jahren selbst eine Radlwerkstatt betrieben hatte. Dort waren Sozialhilfeempfänger mit kleinere Reparaturen betraut worden.

Einkaufstour auf zwei Rädern - auch dazu sollen noch mehr Brucker animiert werden. Das Bild zeigt den Vorplatz des Citypoints. (Foto: Günther Reger)

Ein Erfolg des Konzepts hängt nach Worten des ADFC-Kreisvorstandsmitglieds Helmut Hareiner von der Qualität der Umsetzung ab. Auch wenn die Stadt Leihfahrräder zum Nulltarif anbietet, muss sie die Verkehrstauglichkeit sicherstellen. Stadtjurist Christian Kieser hält es für geboten, die Räder in regelmäßigen Intervallen zu begutachten und dies zu dokumentieren - etwa eine Sichtkontrolle jede Woche und eine gründlichere Inspektion jeden Monat.

Mit wie vielen Fahrrädern begonnen wird, steht noch nicht fest. Nach Schätzung des kaufmännischen Bauhofleiters Heinz Kraus ist mit um die 25 einigermaßen verkehrstüchtigen Fundrädern pro Jahr zu rechnen. Bislang wurden diese Räder meistens am Rande des Altstadtfests versteigert. Der Zukauf neuer Räder soll möglichst vermieden werden. Falls dies doch erforderlich sein sollte, dann sollen günstige Räder mit einem niedrigen Durchstieg gekauft werden. Zudem hofft die Stadt, dass weitere Räder gespendet werden, beispielsweise von Firmen, die auf diese Weise für sich werben und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen.

Neu errichtet werden müssen die überdachten Fahrradstationen für je fünf Räder, beispielsweise am Bahnhof, auf dem Klostergelände, am Geschwister-Scholl-Platz, am Volksfestplatz sowie im Stadtzentrum. Dafür sind insgesamt 20 000 Euro veranschlagt. Die Fahrradständer könnten auch weiter genutzt werden, falls sich das Verleihmodell letztlich doch als nicht praktikabel erweisen sollte. Für das erste Jahr wird mit zusätzlichen Kosten von etwa 30 000 Euro gerechnet, in den Folgejahren mit bis zu 20 000 Euro.

Befürworter wie Karin Geißler, Alexa Zierl (Grüne), Irene Weinberg, Hardy Baumann und Christian Götz (alle BBV) strichen die Vorteile eines sehr flexiblen Systems ohne große Schwellen, Bürokratie und Gebühren heraus und erhoffen sich einen Beitrag für den Klimaschutz. Die Skeptiker sprachen sich zwar gegen eine Variante aus, bei der Personal die Räder an Kunden ausgeben. Ein automatisiertes System nach Vorbild von Call-a-Bike hätten Axel Lämmle und Claudia Calabró (beide SPD) dennoch bevorzugt, ebenso wie Markus Droth und Hans Schilling (beide CSU). Sie fürchten, dass die Räder schnell in der Amper landen oder demoliert werden und beispielsweise abgehalfterte Mountainbikes eingesetzt werden, die nicht für jeden Bürger geeignet sind. Wenn man sich ein Radl ohne Schloss ausgeliehen habe, so Droth scherzhaft, dann müsse man in der Kirche "vor dem Segen gehen, sonst ist es weg".

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: