Fürstenfeldbruck:Nur das Minimum

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Die Sozialdemokraten möchten den Sozialhilfeempfängern gerne mehr Geld und damit "ein Stück Lebensqualität geben". Eine Mehrheit im Kreisausschuss sieht das anders und lehnt ab

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Es bleibt dabei: Sozialhilfeempfänger im Landkreis werden weiterhin nur den gesetzlichen Mindestsatz von 399 Euro im Monat erhalten. Die Sozialdemokraten wollten das ändern und forderten, den Betroffenen mehr Geld zu überweisen. Doch die Mehrheit aus CSU, Freien Wählern und ÖDP-Kreisrat Max Keil folgte in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses der Argumentation von Landrat Thomas Karmasin (CSU), wonach außer in der Landeshauptstadt und im Landkreis München nirgendwo eine Erhöhung der Sätze vorgenommen worden sei.

Zu Jahresbeginn war der bundesweit geltende Regelsatz, den die Landkreise an ihre Sozialhilfeempfänger auszahlen müssen, um acht auf 399 Euro im Monat gestiegen. Es ist der Mindestsatz. Die Landkreise dürfen auch höhere Sätze festlegen, müssen die Differenz zu den 399 Euro jedoch aus eigener Tasche begleichen. Die SPD wollte das gerne tun und fand in den Grünen und Alfred Streicher von den Unabhängigen Bürgervereinigungen (UBV) zwar Mitstreiter, doch reichten die insgesamt sechs Stimmen nicht aus, um das Vorhaben durchzusetzen. Peter Falk, Sprecher der SPD-Fraktion, hatte den Wunsch nach Erhöhung mit den "extrem hohen Lebenshaltungskosten" im Ballungsraum München begründet. Die SPD hielt deshalb 428 statt 399 Euro für erwachsene Sozialhilfeempfänger für angemessen.

Falks Fraktionskollegin Petra Weber erinnerte in flammenden Worten daran, dass es sich bei den Betroffenen um "Leute handelt, die in der Regel krank sind". Von den monatlichen 399 Euro müssten sie auch Gesundheitskosten wie etwa eine neue Brille begleichen oder auch Taxifahrten finanzieren, da sie zumeist nicht in der Lage seien, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Weber appellierte deshalb an die Kreisausschussmitglieder, "den mehr als 1000 Leuten ein Stück Lebensqualität zu geben".

(Foto: N/A)

Dass die Sozialhilfe nicht wirklich zum Leben reicht, bestätigen auch die im Landkreis tätigen Tafeln. "Das merken wir stark", sagt Lidija Bartels, eine der beiden Projektleiterinnen der Brucker Tafel. Neben alleinerziehenden Müttern seien es vor allem alte Menschen, die Lebensmittel von der Tafel holen müssten, obwohl sie ein Leben lang gearbeitet hätten.

Die Sozialhilfe soll Bedürftigen das Existenzminimum, aber auch einen Mindeststandard für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sichern. Welcher Betrag dafür ausreicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Im Landkreis Fürstenfeldbruck erhalten derzeit 1114 Menschen finanzielle Unterstützung durch das Sozialamt. Sie sind entweder bereits über 65 Jahre alt und erhalten die Sozialhilfe als sogenannte Grundsicherung im Alter oder sie sind zwischen 18 und 64 Jahre alt, aber dauerhaft erwerbsunfähig. Das heißt, sie können keiner Arbeit mehr nachgehen und nicht mehr an einen Arbeitgeber vermittelt werden. Etwa 100 von ihnen leben in sogenannten Bedarfsgemeinschaften zusammen, die übrigen leben allein. Zielt man diese Zahl von den 1114 Personen ab, kommt man auf jene 1028 Sozialhilfefälle, die die Statistik für den Landkreis auflistet. Heute gibt es fast doppelt so viele Sozialhilfefälle wie noch vor zehn Jahren. Und "es werden nicht weniger werden", vermutet Sozialamtsleiter Dieter Müller. Das habe auch mit veränderten gesellschaftlichen Strukturen zu tun.

Über dem gesetzlichen Mindestsatz bleiben weiterhin Landeshauptstadt und Landkreis München, die ihren Sozialhilfeempfängern 420 beziehungsweise 428 Euro pro Monat zahlen. Der Münchner CSU-Landrat Christoph Göbel hatte dabei genauso argumentiert wie SPD-Kreisrat Peter Falk in Fürstenfeldbruck und gesagt: "Wir müssen dem Umstand Rechnung tragen, dass die Lebenshaltungskosten im Raum München deutlich höher sind."

Auch der Landkreis Fürstenfeldbruck hatte seinen Sozialhilfeempfängern von Anfang 2009 an 30 Euro mehr als den geltenden Regelsatz bezahlt. Damals hatte sich eine große Mehrheit zwei entsprechenden Anträgen von SPD und FDP angeschlossen. Landrat Karmasin, der dagegen gewesen war, musste sich seinerzeit sogar von Mitgliedern aus der eigenen CSU-Fraktion wie seiner Stellvertreterin Gisela Schneid und seiner Fraktionsvorsitzenden Evelyn Richter überstimmen lassen. 2011 wurde die freiwillige Zahlung wieder gestrichen. Seither reicht die SPD beinahe in jedem Jahr einen neuen Antrag dafür ein.

In ihrer Ablehnung war sich die CSU-Fraktion diesmal einig. Laut Karmasin müsse sich der Landkreis "bei den freiwilligen Leistungen zurückhalten", weil die Städte und Gemeinden ohnehin schon einen großen Anteil des Kreishaushalts über die sogenannte Kreisumlage beisteuern müssten. Eine Erhöhung der Sozialhilfesätze hätte den Kreis zusätzlich 350 000 Euro im Jahr gekostet.

© SZ vom 09.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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