Routenkonzept:Mehr Wege für Alltagsradler

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Der Landkreis lässt ein neues Routenkonzept erarbeiten, das das Umsteigen vom Auto und von öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Rad erleichtern soll. Das Konzept mit Freizeitstrecken aus den Neunzigerjahren gilt als überholt

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Soll der Landkreis neue Radwege bauen oder vorher Konzepte und Machbarkeitsstudien erarbeiten lassen? Fragen wie diese werden kontrovers diskutiert von den Kreispolitikern, zum Beispiel im Umwelt- und Planungsausschuss des Kreistags. Zur Abstimmung standen eine Machbarkeitsstudie über drei Fahrradschnellwege an der S 4, S 3 und S 8 mit einer Gesamtlänge von 27 Kilometern für etwa 170 000 Euro sowie die Erstellung eines neuen Radwegekonzepts für den Landkreis zu Kosten von 65 000 Euro. Die Machbarkeitsstudie lehnten die Mehrheit der Kreisräte als viel zu teuer ab. Trotz Bedenken wird nun ein neues Radwegekonzept entwickelt. Es soll dem Wandel Rechnung tragen, dass aus dem Radfahren als Freizeitbeschäftigung eine Fortbewegungsart im Alltag geworden ist.

Im Fokus des alten, 1993 erstellten Radwegekonzepts für den Landkreis stand das Freizeitradeln. Vor 23 Jahren planten die Kommunalpolitiker zur Verbesserung der Lebensqualität. Es ging um landschaftlich schön gelegene Trassen, die der Freizeitnutzung dienten und nach dem Erholungswert ausgewählt wurden. Dementsprechend verlaufen alle Routen von oder über Fürstenfeldbruck sternförmig ins idyllische Hinterland. Über die Siedlungsschwerpunkte des Landkreises in den östlichen Kommunen verlaufen kaum überörtliche Radwege.

Da es inzwischen beim Radwegebau auch um Themen wie Mobilität, Klimawandel, Energieverbrauch, Umweltbilanzen und eine Alternative zum Privatauto und zu öffentlichen Verkehrsmitteln geht, gilt das alte Konzept als nicht mehr zeitgemäß. Deshalb soll das schnelle Vorankommen Vorrang vor der Schönheit der Streckenführung haben. Zudem erleichtern inzwischen E-Bikes und Pedelecs nicht gut trainierten Radlern, längere Strecken zügig zurückzulegen, was allerdings neue Anforderungen an die Wegeinfrastruktur nach sich zieht. Wegen der hohen Bevölkerungszahl, der relativ kurzen Distanzen und der überwiegend flachen Topografie gelten die Voraussetzungen für ein hohes Radverkehrsaufkommen im Landkreis als ideal.

Das neue Konzept soll diesen Paradigmenwechsel Rechnungen tragen und sich an den Anforderungen orientieren, die für den Alltagsradverkehr gelten. Für diesen Bedarf reicht laut Landkreisverwaltung die bisher geschaffene Infrastruktur bei Weitem nicht aus. Mit der Folge, dass der Anteil des Fahrradverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen noch relativ niedrig ist. Zudem solle eine Mängelliste erstellt werden, betonte die Verwaltung.

Ein Einwand der Kritiker der neuen Studie lautete, es wäre besser, das Geld für die Studie gleich in den Radwegebau zu investieren. Hans Märkl (Grüne) hielt die von Kreisräten erstellte Prioritätenliste zum Radwegebau für ausreichend. Aufgabe der Verwaltung sei es, diese Liste abzuarbeiten, dann könne der Kreistag darüber entscheiden, welche Strecken wann ausgebauten werden sollen. In diesem Jahr wird zwischen Schöngeising und Mauern ein eineinhalb Kilometer langer Fahrradweg gebaut, der von der Abfahrt zum Bauernhofmuseum Jexhof bis in den Grafrather Ortsteil führt. Die voraussichtlichen Baukosten werden auf 500 000 bis 600 000 Euro geschätzt.

Wie Märkl anführte, wäre es möglich zum Preis der 65 000 Euro teuren Studie, die ein Ingenieurbüro erstellen soll, eine Ganztagskraft ein Jahr lang zu finanzieren. An diesem Punkt setzt die Kritik von Klaus Wollenberg (FDP) an. Er fand, die Landkreisverwaltung solle das neue Radwegekonzept selbst erstellen. Es genüge, die Unterlagen zu aktualisieren, das erforderliche Fachwissen und Daten seien ja bereits vorhanden. "Die Verwaltung macht nichts mehr, ohne ein Gutachten zu vergeben", lautete Wollenbergs Vorwurf. Bei der Abstimmung votierten nur Märkl und Wollenberg gegen die Erstellung des neuen Konzepts.

Die Planung von Radschnellwegen wurde vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München angestoßen, der in einer Potenzialanalyse 14 Routen oder Korridore vom Umland in die Landeshauptstadt vorgeschlagen hatte. Die Kosten dieser Machbarkeitsstudie in Höhe von 170 000 Euro für Schnellwege an der S 3, S 4 und S 8 erschienen den Kreisräten angesichts des Risikos als zu hoch. Das Ergebnis könne nämlich lauten, so die Befürchtungen, dass sich die Korridore infolge von Schwierigkeiten beim Grunderwerb nicht realisieren ließen. Zudem beteiligt sich München nicht an der Studie, mit der Folge, dass die an der Landkreisgrenze endenden Trassen nicht weitergeführt würden.

Der Umwelt- und Planungsausschuss will sich erst dann wieder mit dem Thema befassen, wenn Erfahrungen zum Bau der Pilotstrecke von München nach Garching vorliegen. Das Votum, sich finanziell nicht an der Machbarkeitsstudie zu beteiligen, fiel einstimmig.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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