Verwaltung unter Druck:Land unter im Ausländeramt

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Monatelang von ihrer Mutter getrennte Kinder, Hängepartien bei Einbürgerung und Aufenthaltserlaubnis, Termine erst in Jahresfrist: Die Kreisbehörde bekommt die Personalnot nicht in den Griff

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Keine Ansprechpartner, Termine in ferner Zukunft: Erneut häufen sich die Beschwerden über die am Landratsamt angesiedelte Ausländerbehörde. Bereits 2015 hatte der zuständige Abteilungsleiter angekündigt, gegen den personellen Engpass vorzugehen. Das hat offenbar kaum geklappt. Übereinstimmend berichten mehrere Betroffene, Ansprechpartner seien weder persönlich noch telefonisch noch per E-Mail zu erreichen. Eine Frau ist empört darüber, dass ihr für die Einbürgerung ein Beratungstermin in einem Jahr in Aussicht gestellt worden sei. In einem anderen Fall kam die Kreisbehörde erst nach Androhung rechtlicher Schritte in die Gänge. Das Landratsamt räumt Probleme ein und spricht von "Nachwehen der Flüchtlingskrise". Neues Personal werde derzeit eingearbeitet.

Gordana Slavik (Name von der Redaktion geändert) wird wohl in einen anderen Landkreis umziehen, um mit ihrer Einbürgerung weiterzukommen. "Nach mehreren vergeblichen Versuchen" war es ihr zwar gelungen, jemanden in der Behörde an die Strippe zu bekommen. Die auf der Landkreis-Homepage genannte und angeblich zuständige Sachbearbeiterin sei aber nicht mehr in Bruck tätig, hieß es. Nach einigen weiteren E-Mails bekam sie einen Beratungstermin: im Oktober 2018. Die Einbürgerung, für die sie nach eigener Einschätzung bereits alle Voraussetzungen erfüllt, rückt damit in weite Ferne - vor März 2019 wird wohl nichts daraus. Slavik deprimiert: "Die einzige Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, scheint ein Umzug zu sein. Eineinhalb Jahre will ich definitiv nicht warten."

Noch prekärer war es für Matthias Pfefferkorn aus Fürstenfeldbruck - ging es bei ihm doch um die Kinder seiner Frau, die monatelang in ihrem Geburtsland festsaßen, getrennt von der Mutter. Auch Pfefferkorn rief wiederholt und vergeblich in der Kreisbehörde an. Er fühlte sich ihr buchstäblich ausgeliefert und "zum Warten verdammt". In seiner Not wandte er sich schließlich direkt an den Landrat und schilderte seinen Fall.

Pfefferkorn hatte mit seiner Frau Ananya Wadcharapong Ende Februar ein Familiennachzugsvisum für die beiden zehn und 14 Jahre alten Kinder beantragt. Zwei Monate später erkundigte sich das Ehepaar per E-Mail nach dem Stand des Verfahrens und reichte Unterlagen nach. Dann ging die Hängepartie weiter. Nichts passierte. Die Antragsteller bekamen mit, dass eine Mitarbeiterin offenbar erkrankt war und eine andere auf Fortbildung.

Die Mutter und die beiden vorübergehend bei der Großmutter untergebrachten Kinder wurden derweil immer verzweifelter. Die beiden Mädchen seien "seit bald fünf Monaten von Ihrer Mutter getrennt", schrieb Pfefferkorn fast flehentlich an den Landrat. Und weiter: "Herr Karmasin, das sind keine tragbaren Zustände." Es sei unzumutbar, monatelang darauf zu warten, dass jemand noch den nötigen Stempel auf die Dokumente drücke. Pfefferkorn setzte eine Frist, drohte, die Sache publik zu machen und einen Anwalt einzuschalten. Daraufhin intervenierte Thomas Karmasin offenbar selbst in der Ausländerstelle, brachte die Sache ins Rollen - und die beiden Kinder konnten endlich nach Fürstenfeldbruck geholt werden.

Zu Verzögerungen gekommen war es gleichzeitig auch bei der Beantragung des Aufenthaltstitels für die gebürtige Thailänderin. Was eigentlich nicht mehr als sechs Wochen in Anspruch nehmen sollte, dauerte ebenfalls geschlagene drei Monate. Eine Mitverantwortung dafür lastete ein Mitarbeiter der Kreisbehörde offenbar der Bundesdruckerei an.

Das klingt für den Brucker Michael Würzbauer und seine aus Serbien stammende Frau vertraut. Auch in ihrem Fall war von so einem Fehler der Bundesdruckerei die Rede. Auch sie versuchen bis heute oftmals vergeblich, jemanden im Landratsamt zu erreichen, klagen über längst überholte Angaben auf der Homepage des Landratsamts und blitzen bei persönlichen Besuchen ab. Auch sie fühlen sich im Stich gelassen. "Wir hängen in der Luft", schimpft Würzbauer. Im Oktober läuft die 2014 erneut erteilte Aufenthaltserlaubnis für seine aus Serbien stammende Frau Maja aus. Bereits vor zwei Monaten versuchten sie, einen Termin zu bekommen. Jüngst hat ihnen das Ausländeramt auch einen mitgeteilt: im Februar 2018. Bis die nun fällige unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung in den Reisepass geklebt werden kann, muss eine schriftliche Bestätigung des Landratsamts mitgeführt werden. Seit drei Jahren gebe es immer wieder große Verzögerungen, klagt Maja Würzbauer. Eine "wirklich sehr nette und hilfsbereite Betreuerin" habe 2014 anscheinend das Landratsamt verlassen. Eine Arbeitsstelle hat die fließend Deutsch sprechende Frau gefunden. Aber ohne eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung werde ihr Arbeitgeber kaum den Anstellungsvertrag unterschreiben, glaubt sie. Zu all dem Ärger kommt, dass die Behörden dieses Jahr in einen neuen Reisepass das Visum mit der Nummer des alten Ausweises geklebt haben. Deshalb muss Maja Würzbauer immer beide Pässe mitnehmen und befürchtet, dass sie auf den erneut anfallenden Gebühren für den korrekten Aufkleber sitzen bleibt. "Das ist wirklich alles ziemlich schlimm", so die 24-Jährige.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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