Fürstenfeldbruck:Integration durch Islamunterricht

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An drei Schulen im Landkreis ist für Muslime die Unterweisung in ihrer Religion inzwischen so selbstverständlich wie für Christen. Der Modellversuch steht für Gleichberechtigung, aber auch für gegenseitigen Respekt

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Konflikte entstehen dort, wo uns etwas fremd ist. Und genau deshalb hat der Islamunterricht für Monika Lassak einen hohen Stellenwert. Lassak ist Schulleiterin an der Theresen-Grundschule in Germering, einer der drei Schulen im Landkreis Fürstenfeldbruck, an denen Islamunterricht angeboten wird. Etwa ein Viertel der Schüler dort sind Muslime. Der Unterricht in ihrer eigenen Religion gehöre ebenso wie der katholische und evangelische Religionsunterricht zum normalen Schulalltag. Man bemühe sich auch um religionsübergreifende Projekte. "Beim Sommerfest haben die Schüler die Ergebnisse eines Projektes präsentiert, in dem nach Gemeinsamkeiten in den heiligen Schriften der unterschiedlichen Religionen gesucht wurde", erzählt Lassak. Solche Projekte seien außerordentlich wichtig.

Im Rahmen eines Modellversuchs gibt es den Unterricht, der zur Integration und Gleichberechtigung muslimischer Mitbürger beitragen soll, aktuell an 183 Grundschulen, 72 Mittelschulen, 4 Realschulen und 2 Gymnasien in Bayern. Bisher sei das Modell erfolgreich gewesen. Zwischenzeitlich wurde sogar über eine Ausweitung nachgedacht. Im Landkreis Fürstenfeldbruck gibt es den Islamunterricht auf deutscher Sprache seit 2009. Er habe sich aus dem muttersprachlichen Ergänzungsunterricht entwickelt, den es seit 2004 gab, erzählt die Islamlehrerin Aylin Kovançi. Sie unterrichtet das Fach an der Theresen-Grundschule in Germering, der Richard-Higgins-Grundschule in Fürstenfeldbruck, der Grundschule Puchheim Süd und zusätzlich an einer Münchener Grundschule. Für Kovançi steht fest, dass der Bedarf an Islamunterricht aktuell groß ist. "Wir bräuchten noch mehr Lehrkräfte. Ich unterrichte ja aktuell nur an den Grundschulen im Landkreis. An den Mittelschulen oder anderen Schulen nicht", sagt sie. Auch Lassak ist der Meinung: "Der Bedarf ist höher als die Lehrerstunden."

Aktuell besuchen in Puchheim 73 Schüler den Unterricht, in Germering sind es 38 und in Fürstenfeldbruck 75. Schulamtsdirektor Karl Grünauer sieht den Bedarf an den örtlichen Grundschulen damit weitgehend gedeckt. "Mit einer Lehrkraft ist es im Moment o.k. Sicherlich könnte die ein oder andere Schule noch eine zusätzliche Stunde vertragen", sagt Grünauer. Aber in den vergangenen acht Jahren habe ihn zumindest keine Beschwerde von Eltern erreicht, die keinen Platz für den Islamunterricht bekommen hätten. Dass Kovançi als einzige Lehrkraft seit Jahren für den Unterricht zuständig sei, habe sogar Vorteile. "Die Kinder kennen die Lehrkraft und bauen natürlich einen persönlichen pädagogischen Bezug auf", findet er.

Rosmarie Ehm, die Schulleiterin der Grundschule Puchheim Süd, hat mit dem muslimischen Religionsunterricht an ihrer Schule bisher positive Erfahrungen gemacht. "Ich finde es gut, dass dem in unserem System Rechnung getragen wird und die Schüler nicht nur die Möglichkeit haben, den Ethikunterricht zu besuchen", sagt sie. Denn ab einer gewissen Schülerzahl hätten die Kinder ein Anrecht auf Unterricht in ihrer eigenen Religion. Dass teilweise jahrgangsstufenübergreifend unterrichtet wird, mache die Planung komplizierter. Denn auch Schüler umliegender Schulen kommen, um den Islamunterricht an einer der drei Schulen zu besuchen. Der Islamunterricht habe, finden sowohl Schulleiter, Schulamtsdirektor sowie Islamlehrerin Aylin Kovançi, Potenzial für gelingende Integration. "Die Vernetzung von Islamlehrer, Schulleiter und Ausländerbeauftragten ist dafür essenziell. Je besser sie funktioniert, desto besser gelingt Integration und auch das Hineinwachsen in die deutsche Sprache", findet Grünauer. Allerdings, so betont Ehm, gelinge Integration nur mit gegenseitigem Respekt. Einerseits dem der Einheimischen für die islamische Religion, aber auch der Muslime für den christlichen Glauben.

Das sieht auch Kovançi so. Die Schüler hätten die Möglichkeit, über die eigene Religion zu sprechen und zu reflektieren. "Aber wir wollen auch Respekt zeigen und für andere Religionen offen sein", sagt sie. Im Islamunterricht werden deswegen auch andere Religionen angesprochen. An der Theresen-Grundschule werde sogar der erste Schultag religionsübergreifend gefeiert. Anwesend seien der katholische Dekan, ein evangelischer Pfarrer und ein muslimischer Hodscha. Zum Glück komme es nicht oft vor, dass solche religionsübergreifenden Projekte oder der Islamunterricht auf Abneigung stoßen. Manche der Eltern fragen ab und an nach, warum man etwa den Gottesdienst an der Theresen-Grundschule so gestalte. "In persönlichen Gesprächen haben sich aber bisher letztendlich alle Bedenken ausschalten lassen, sagt Lassak.

© SZ vom 12.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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