Urteil:Im Besitz von fast 1500 Kinderpornos

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41-Jähriger erhält vom Amtsgericht eine Bewährungsstrafe. Das Herunterladen von verbotenen Bildern und Videos begründet der Brucker mit Suchtverhalten. Sexuelles Interesse streitet er ab

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Ungewöhnlich viele Dateien mit kinderpornografischem Material, nämlich 1201 Bilder und 281 Videos, hat ein 41-Jähriger auf seinem Computer gespeichert. Wie der Brucker am vergangenen Montag vor dem Fürstenfeldbrucker Amtsgericht gestand, hatte er die verbotenen Dateien aus dem Internet heruntergeladen. Er habe aber kein sexuelles Interesse daran gehabt, sondern sei süchtig danach gewesen, alle möglichen verbotenen wie legalen Inhalte aus dem weltweiten Netz herunterzuladen. Der Richter hielt die Erklärung für vorstellbar, verhängte aber dennoch eine zehnmonatige Bewährungsstrafe wegen Besitzes und Verbreitens kinderpornografischer Schriften, während der sich der Angeklagte in therapeutische Hilfe begeben muss.

Anfang September 2013 lud der Angeklagte fünf Filme mit kinderpornografischen Inhalten über eine Internet-Tauschbörse auf seinen Rechner. Die Mädchen waren zwischen vier und acht Jahre alt, die Filme hatten eine Spieldauer zwischen zwei Minuten 15 Sekunden und sieben Minuten 24 Sekunden. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen kam dem Brucker bei diesem Download während einer routinemäßigen Überwachung des Internets auf die Schliche. Ende Oktober durchsuchten daraufhin Polizeibeamte die Wohnung des 41-Jährigen und beschlagnahmte seinen Computer und eine externe Festplatte. Auf beiden wurden die verbotenen Filme und Bilder gefunden, die nun zu der Anklage wegen Besitzes und Verbreitens kinderpornografischer Schriften führten.

"Ich habe nach allem gesucht, was verboten ist", sagte der Angeklagte. "Wenn ich gekonnt hätte, ich hätte das ganze Internet runtergeladen", er habe acht externe Festplatten zu Hause, voll mit heruntergeladenen Filmen, Serien, Spielen, Musik - selbst Schlager, obwohl er die nicht höre. Überhaupt habe er so viel heruntergeladen, er würde gar nicht schaffen, das alles anzuschauen. Was der Angeklagte dem skeptischen Richter und dem Staatsanwalt schilderte, erinnerte an das Verhalten eines Süchtigen: Morgens nach dem Aufstehen habe er als erstes den Computer angemacht, bevor er ins Bad gegangen sei und die Katze gefüttert habe. Während des Frühstücks am Bildschirm wählte er die Dateien aus, die er an diesem Tag herunterladen wollte. Der Download lief, während er in der Arbeit war. Abends sortierte er seine Neuerwerbungen je nach Inhalt auf seine diversen Festplatten. Bis zur Wohnungsdurchsuchung sah so sein Tagesablauf der vergangenen vier Jahre aus, seine Freunde sah er in dieser Zeit nicht mehr.

Die Fragen von Richter Johann Steigmayer und dem Staatsanwalt, ob er Vorlieben für kleine Mädchen hege, verneinte der 41-Jährige. Auf die nächste Frage, wie lange seine letzte Beziehung zurückliege, erklärte er, noch nie eine gehabt zu haben. Er verwies auf Erfahrungen mit seinem Vater und Stiefvater, die offenbar beide Probleme mit Alkohol und Gewalt hatten. Irgendwann, schon vor langer Zeit, habe er deshalb beschlossen, lieber Single zu bleiben. Die darauf fast unvermeidliche Frage, ob er selbst als Kind missbraucht worden sei, verneinte der Fürstenfeldbrucker entschieden. Für den Staatsanwalt war es immer noch nicht nachvollziehbar, wieso der Angeklagte diese Dateien gesucht hatte. "Ich habe alle Tabus gesammelt." Zur Erläuterung beschrieb er ein paar andere legale, aber nicht weniger abartige Filme, die er gesammelt hatte. Der Reiz für ihn hinter diesem Jäger- und Sammlerinstinkt war das Bewusstsein: "Ich habe was, was du nicht hast. Ich weiß was, was du nicht weißt."

"Dass man solche Sachen speichert und hortet, wenn man gar kein sexuelles Interesse daran hat, kann ich mir nicht vorstellen", sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Er beantragte ein Jahr Haft, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, 2000 Euro Geldauflage und stellte eine Therapieauflage ins Ermessen des Vorsitzenden. Der hielt es für "durchaus vorstellbar, dass es "nur" der Reiz des Verbotenen war, verhängte die Auflage zur Therapie statt zur Zahlung von Geld und zehn Monate zur Bewährung. Wie der Ankläger unterstrich er, dass der Markt für Kinderpornos durch jeden Download angeheizt werde. "Und die Kinder sind die Opfer", betonte er.

© SZ vom 09.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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