Nach zehn Jahren Pause:Brucker Rugby-Team feiert Comeback

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Heben, halten, klammern, einquetschen: Das Rugby-Team des TuS (hellblaue Trikots) bremst im Freundschaftsspiel die Unterföhringer. (Foto: Günther Reger)

Das wiederbelebte Team zeigt gegen Unterföhring eine respektable Leistung, zum Sieg reicht es aber nicht

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Am Sonntag um 15.19 Uhr ist es so weit. Es ist ein historischer Augenblick. Etwa 30 Zuschauer, teils am Rande der Klosterwiese, teils ein paar Meter weiter oben auf der Böschungskrone der Fürstenfelder Straße, erleben mit, wie dieses Luftei über die Linie geschoben, gedrückt oder eher rübergefummelt wird. Zu sehen ist davon wenig, weil dies alles unter gefühlten 20 Männerleibern geschieht. Aber weil der Schiedsrichter pfeift, wissen alle Kundigen: Die 1985 gegründete Rugbyabteilung hat nach zehnjähriger Schaffenspause erstmals wieder einen erfolgreichen "Versuch" mit einem kompletten, 15 Spieler zählenden Team geschafft. Ein Versuch ist so etwas wie beim Fußball ein Tor und bringt fünf Punkte ein. Bruck setzt in dem Freundschaftsspiel gegen den RC Unterföhring noch eins drauf, denn der anschließende Kick landet zwischen den beiden Torstangen und erhöht das Punktekonto um weitere zwei Zähler.

Am Spielfeldrand steht Trainer Franz Haas, 50, und strahlt übers ganze Gesicht. Auch wenn Bruck nach 40 Minuten mit einem 7:15-Rückstand in die Pause geht, ist er sehr zufrieden mit der Leistung seines Teams und denkt bereits über eine Beteiligung an der Verbandsliga nach. Als Favorit gilt der RC Unterföhring, mit dem die etwa 40 Mitglieder zählende TuS-Abteilung eine Spielgemeinschaft für die Regional- und Verbandsligateams unterhält. Der RC tut sich schwerer als gedacht. Mögen die Brucker Recken auch bei der archaisch anmutenden Aufwärmprozedur keinen durchweg gestählten Eindruck gemacht haben und der eine oder andere für einen Außenstehenden nicht ganz so sprintstark wirken, so haben sie doch alle auf ihren Positionen ihre Fähigkeiten. Denn nicht überall ist der muskelbepackte Modellathlet, wie ihn die Nummer 14 des Gegners verkörpert, das Maß aller Dinge. In der Verteidigung sind andere Qualitäten gefragt als im Angriff und beim Spielaufbau durchaus auch Köpfchen. Die Brucker erweisen sich nach dem gemeinsam herausgebrüllten "Bruck, Bruck, hauruck!" als recht gute Mischung.

Die Abseitsregel genießt beim Rugby einen noch höheren Stellenwert als beim Fußball. Nach vorne wird nur mit dem eiförmigen Ball gelaufen, gepasst wird nur nach hinten. Die Gegner versuchen, den Ballführenden unterhalb der Schultern zu umklammern und niederzureißen. Dabei bilden sich menschliche Pyramiden, wie man sie in allerdings weit geordneterer Form vom Zirkus kennt. Beim Rugby liegen irgendwann alle aufeinander und bilden einen menschlichen Berg, dass es einem angst und bange werden kann um den, der gerade ganz unter liegt. Und regelmäßig herrscht rund ums Ei ein Gedränge wie während des Berufsverkehrs in der S 4. Größere Verletzungen sind bei diesem Sport, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts in England entwickelt hat, aber die Ausnahme. Im Vergleich zum Fußball gebe es wohl ein paar mehr blaue Flecken, räumt Haas ein, aber keineswegs gravierendere Verletzungen. Solche Blessuren drohen bestenfalls bei irregulären Aktionen. "Den Lukas werde ich jetzt mal auswechseln", grummelt Haas, nachdem einer seiner Spieler zweimal hintereinander nicht geklammert, sondern eher mit der Schulter gecheckt hat. Und ein etwas übermotivierter Brucker Spieler muss zehn Minuten vom Platz, weil er die Hüfte des Gegners über das Schulterniveau gehoben hat. Das ist wegen der Verletzungsgefahr verboten.

Noch in der ersten Hälfte sehen die Zuschauer, wie Spieler - ganz regulär - ihre Mitspieler bei Einwürfen hochheben, wie sie sich vor dem Einrollen, Schulter an Schulter, gegen die Kontrahenten stemmen und wie die Emotionen trotz des freundschaftlichen Charakters hochkochen. All das gehört zum Rugby. Zu sehen ist auch ein Trikottausch unter Freunden: Weil die Brucker zu wenige davon haben, muss Abteilungsleiter Paul Weber, 38, sein nicht mehr ganz taufrisches hellblaues Oberteil mit der Rückennummer 12 abstreifen, um den eingewechselten Maxi Baumann einzukleiden. Dass das Spiel mit 7:20 verloren ging, ist bei all den Highlights der bisweilen unterschätzten Sportart eher eine Randnotiz.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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