SC Fürstenfeldbruck:Der Pleite entgegen

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Der SC Fürstenfeldbruck soll dem Finanzamt dokumentieren, wofür er bestimmte Einnahmen verwendet hat. Doch die Belege liegen nicht vor. Nun sollen die ehemaligen Vorstandsmitglieder danach suchen. Andernfalls könnte der Verein zahlungsunfähig werden

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Zukunft des SC Fürstenfeldbruck bleibt weiter unsicher. Ob der Verein finanziell wieder auf die Beine kommen kann, hängt von seinen ehemaligen Führungskräften ab. Denn die müssen dem Finanzamt Belege dafür liefern, die Aufschluss darüber geben, wie die Einnahmen aus dem Gastspiel der Profis des FC Bayern München im Oktober 2012 verwendet wurden. Andernfalls werden 50 000 Euro Steuernachzahlung für das Jahr 2012 fällig. Das könnte für den schuldengeplagten Verein die Zahlungsunfähigkeit bedeuten.

Auf die Beiträge der Mitglieder werden ohne Gemeinnützigkeit Steuern fällig. (Foto: Johannes Simon)

Der amtierende Vereinschef Jakob Ettner und die Steuerberaterin Ursula Valier versuchten bei der Jahreshauptversammlung am Donnerstagabend die Dringlichkeit dieses Anliegens deutlich zu machen. "Kommt in die Hufe, Leute! Daran hängt die Existenz des Vereins!", rief Ettner in Richtung seines Vorgängers Eckart Lutzeier und eines der damaligen Vizepräsidenten, Johannes Mühlberger, und meinte damit aber sämtliche Mitglieder des ehemaligen Präsidiums. Lutzeier und Mühlberger saßen inmitten der etwas mehr als 50 Mitglieder, die in die SCF-Sportgaststätte gekommen waren. Valier bezifferte den Schuldenstand des Vereins auf 47 000 Euro, der indes deutlich niedriger ist als jene 90 000 Euro, von denen Ettner noch im März gesprochen hatte. Zudem nannte sie ein Minus von 10 000 Euro, das sich aus Soll und Haben auf den Vereinskonten ergibt. Eine detaillierte Auflistung von Einnahmen und Ausgaben des vergangenen Jahres wurde den Mitgliedern jedoch nicht präsentiert.

Wohin führt der Weg des SCF?, fragt sich Fußballtrainer Tarik Sarisakal auf der Hauptversammlung. (Foto: Johannes Simon)

"Die Forderungen des Finanzamts drücken gewaltig", betonte Valier. Der Verein müsse der Behörde nachweisen, "was mit den eingenommenen Geldern bezahlt wurde". Die ehemalige Vereinsführung solle deshalb "ihre Arbeitszimmer noch einmal nach Belegen durchwühlen". Das Finanzamt prüfe, ob die Ausgaben satzungsgemäß seien und "nicht etwa ein Vereinsausflug damit gemacht wurde". Das Fehlen entsprechender Belege zum Bayern-Gastspiel war auch der Grund dafür, dass das Finanzamt dem Sportclub für das Jahr 2012, in dem Siegfried Müller dem Präsidium vorstand, die Gemeinnützigkeit entzog. Das hat zur Folge, dass damit auch sämtliche Mitgliedsbeiträge der Umsatz- und Körperschaftssteuer unterworfen werden müssen. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen beliefen sich damals auf 120 000 Euro. Die darauf fälligen Steuern ergeben den Nachzahlungsbetrag von etwa 50 000 Euro.

Wie Valier später der SZ sagte, wurde dem Verein auch die Gemeinnützigkeit für 2013 entzogen, weil die Unterlagen noch nicht vorliegen. Ein Verein sei zwar nicht buchführungspflichtig, führte die Steuerfachfrau weiter aus, "aber eine Belegführung muss er haben". Die Gesetzeslage habe sich nicht geändert, aber seit einigen Jahren würden die Vereine genauer überprüft. Wenn die geforderten Belege nicht bis spätestens Ende Juli vorliegen, werde die Angelegenheit an die Rechtsbehelfsstelle weitergeleitet und der Einspruch des SCF gegen die Steuernachzahlung als unbegründet zurückgewiesen werden. Dann würde die Summe fällig. Dem Verein bliebe dann nur noch die Möglichkeit einer Klage vor dem Finanzgericht, aber ohne Belege sei auch die chancenlos. Dann könnte die Insolvenz Wirklichkeit werden. Weil sie eine solche befürchteten, hatten die Abteilungen Tischtennis und Badminton den SCF zum 31. Dezember 2014 und zum 30. April 2015 verlassen. Seither ist der Sportclub ein reiner Fußballclub.

Skeptische Blicke von Ettners Stellvertreter Andreas Conrad. (Foto: Johannes Simon)

Immer wieder waren Vereinsführungen an der Klosterstraße in der Vergangenheit dadurch aufgefallen, es mit Regularien nicht allzu genau zu nehmen - sei es bei der Abwicklung von Vorstandswahlen oder bei der Präsentation des Kassenberichts. Über Forderungen nach mehr Transparenz wurde gerne nonchalant hinweggesehen. Meistens standen übrigens Unternehmer an der Spitze des Sportclubs. "Drei Viertel der Zeit", bekannte nun Vizepräsident Andreas Conrad, hätte das derzeit amtierende Präsidium im ersten Jahr seines Wirkens dafür aufgewendet, um Mahnungen oder Vollzugsandrohungen zu beantworten, um "Löcher zu stopfen" und "Tausende Euros an Zahlungen zu leisten, von denen wir nicht dachten, dass sie auf uns zukommen".

Immerhin hatte Revisor Georg Stockinger für die Überprüfung des Wirtschaftsjahres 2014 "zum ersten Mal alle Unterlagen auf dem Tisch, auch eine Aufstellung der Verbindlichkeiten". Daraus folgte, dass das Präsidium um Jakob Ettner, das seit Mai vorigen Jahres im Amt ist, entlastet wurde. Im Vorjahr noch hatte Stockinger das Fehlen eben dieser Angaben bemängelt und auch ein weiteres Jahr zuvor hatte der damalige Kassenprüfer Stefan Julier empfohlen, die Entlastung der Präsidiums zunächst zu vertagen - wegen des Schatzmeisters, so lautete die Begründung. Dazu muss man wissen, dass dieser damals Gerhard Fischer hieß und irgendwann im Jahr 2012 kommissarisch tätig und nie von Mitgliedern gewählt worden war. Heute will keiner so genau gewusst haben, wo Fischer herkam und wie er wieder verschwand. Es hieß, er sei krank. "Ich muss die Tätigkeit von Herrn Fischer im Nachhinein kritisch beurteilen", sagte Ehrenpräsident Hans Hahn am Donnerstag, als er ans Rednerpult trat. Wenn nun Belege für die Verwendung von Bargeld in dieser Zeit fehlten, "dann hat sich Herr Fischer wohl bereichert", schlussfolgerte Hahn: "Dann müssen wir wahrscheinlich eine Anzeige bei der Polizei machen."

Hahn, der mit seinem Sohn eine Steuerkanzlei führt und regelmäßig den Eindruck zurückzuweisen versucht, er schalte sich als Ehrenpräsident ins aktuelle Vereinsgeschehen ein, appellierte später noch an die Versammelten, mit den gegenseitigen Vorwürfen aufzuhören: "Wir müssen alles, was in unserer Macht steht, tun. Ich werde versuchen, dem Präsidium zu helfen." Hahn hatte dem schon damals klammen SCF vor einigen Jahren 70 000 Euro geliehen. 45 000 Euro betrug die Summe zuletzt noch, ehe der Verein vor einem halben Jahr die Rückzahlung der Raten einstellte und seine Verbindlichkeiten damit auf einen Schlag reduzierte. Hahn bescheinigte Präsident Ettner vor der Versammlung sogar, "im Sinne des Vereins richtig gehandelt" zu haben. An den Verein will er selbst nicht herantreten, um wieder an sein Geld zu kommen ("Ich will den SCF nicht zerstören"), sondern an seine sieben Bürgen - überwiegend Mitglieder der ehemaligen Vereinsführung. Hahns Angebot: Sie könnten die Summe in Raten von 150 Euro abbezahlen - aber nur, wenn sie selbst darauf verzichteten, das Geld wiederum beim SCF einzufordern.

Weitere Nachfragen hatten die Mitglieder nicht mehr. Als sich Eckart Lutzeier, Ettners Vorgänger als Präsident, dann doch noch meldete, war die Versammlung bereits beendet und Lutzeiers Wortbeitrag blieb aus. Er hatte wohl den Einzahlungsbeleg über jene 20 000 Euro vorzeigen wollen, die seine damalige Firma "Trend Line" als Veranstalterin des Public Viewings zur EM 2012 für die Überlassung des Stadions an den SCF gezahlt hatte. Andreas Conrad, amtierender Vizepräsident, hatte das Tage zuvor in Abrede gestellt.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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