Wahlen:Der Facebook-Kandidat

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Thomas Lutzeier saß bereits für die Grünen im Brucker Stadtrat und war 2008 deren Bürgermeisterkandidat. Seine Frau Loredana kommt aus der italienischen Partnerstadt Cerveter (Foto: Günther Reger)

Der parteilose Thomas Lutzeier will bei den Oberbürgermeister-Wahlen antreten. Entstanden ist die Idee in den sozialen Netzwerken. Der 55-Jährige will den Stillstand in der Kreisstadt durch Moderation überwinden

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Nun steht also der nächste Bewerber für das Amt des Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeisters fest: Der parteilose Thomas Lutzeier will bei der Wahl, die voraussichtlich am 7. Mai stattfinden wird, für die Nachfolge von Klaus Pleil kandidieren. Lutzeiers Kandidatur ist schon deshalb interessant, weil sie auf Diskussionen einer Gruppe auf Facebook zurückgeht, die von ihm moderiert wird. Mehrfach hatten sich dort Mitglieder für eine Kandidatur Lutzeiers ausgesprochen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass er auch dort am Sonntag seine Bewerbung als Erstes bekannt gegeben hat - und innerhalb von einer Stunde mehr als 30 zustimmende Kommentare und 60 Likes bekommen hat.

Als Parteiloser sieht sich Lutzeier in der idealen Position, um die verhärteten Fronten im Stadtrat aufzubrechen und die Diskussionen zu moderieren. "Mein Ziel ist es, wieder eine Kompromisskultur einzuführen. Es kann nicht sein, dass wichtige Projekte nicht angepackt werden, weil einer dagegen ist und man keine Einigung findet. Wichtiger als Streit ist für Bruck, dass bei wichtigen Themen endlich etwas passiert", sagt Lutzeier.

In Bruck ist der 55-Jährige fest verwurzelt. Seit mehr als 50 Jahren lebt er in der Stadt, hat das Graf-Rasso-Gymnasium besucht. Er hat zwei erwachsene Töchter, die in Bruck leben. Seine Frau Loredana kommt aus der italienischen Partnerstadt Cerveteri. Lutzeier betreibt in Bruck ein Informatikunternehmen, sein Bruder Eckart war Präsident des SCF. Auch in der Politik ist er kein Unbekannter: Bis Januar 2009 saß er für die Grünen im Stadtrat, bei den Kommunalwahlen 2008 war er deren Oberbürgermeisterkandidat. Mit 4,89 Prozent erreichte er allerdings das schlechteste Ergebnis aller Bewerber. Aufgegeben hat Lutzeier sein Stadtratsmandat 2009 wegen einer Verurteilung in Folge eines Insolvenzverfahrens und wegen interner Führungsstreitigkeiten in der Fraktion.

Sein Ziel, erklärt Lutzeier, sei es, den Stillstand der vergangenen Monate und Jahre zu überwinden und Bruck endlich wieder voranzubringen. "Fürstenfeldbruck war jahrzehntelang die Nummer eins im Landkreis. Aber in den letzten Jahren ist es gegenüber einigen Nachbarn deutlich zurückgefallen", sagt er. Als ganz wichtiges Thema nennt er die Ansiedlung von Gewerbe. "Auch hier stagniert Bruck, es gibt viel Leerstand. Ein Ansatz, wieder mehr Gewerbe anzusiedeln, wäre es, über eine Senkung der Gewerbesteuer nachzudenken. Außerdem müssen wir aktiv Werbung machen und den Unternehmen klar machen, wie attraktiv der Standort Fürstenfeldbruck ist." Wichtig sei ihm aber, nicht nur Logistikfirmen anzulocken, die hier ihre Waren lagern, wie es andere Kommunen machen. Vielmehr will er sich um Gewerbe bemühen, das Arbeitsplätze schafft. "Mehr Start-up-Unternehmen wären attraktiv. Die brauchen Büros und bieten Arbeit." Um für Unternehmen attraktiv zu sein, müsse man allerdings auch an den "weichen Faktoren" wie etwa der Infrastruktur arbeiten. Als Beispiel nennt Lutzeier die Schulen. "Es regt mich auf, wenn ich sehe, dass bei der Schule West Container auf dem Spielplatz stehen und der nicht mehr genutzt werden kann. So etwas ist keine gute Werbung für die Stadt. Dabei wissen die Parteien doch schon lange, dass dort eine Schule gebraucht wird." Schuld sei der Stadtrat, der nicht systematisch arbeite. Potenzial für Wohnungsbau sieht Lutzeier vor allem auf dem Fliegerhorst. Von einer Nachverdichtung hält er dagegen wenig. "Ich denke nicht, dass man dem Siedlungsdruck immer nachgeben muss. Und ich glaube auch nicht, dass mehr Wohnungen automatisch günstigere Mieten bedeuten", sagt er. Weitere Themen, die er angehen will, sind die Förderung von Vereinen und Ehrenamt, die Wiederaufnahme der Bemühungen zur Verlegung der B 2, die Umgestaltung des Viehmarktplatzes und die Wiedereröffnung des Lichtspielhauses. Lutzeier, der Vorsitzender des Fördervereins Lichtspielhaus ist, will dieses Amt am 30. Januar abgeben.

Für den Wahlkampf will Lutzeier aus den sozialen Netzwerken raus und auf die Straße gehen. "Über die Bedeutung der neuen Medien kann man streiten, aber klar ist, dass dort Diskussionen stattfinden, die es sonst nicht mehr so häufig gibt." Er will vor allem auf persönliche Gespräche mit den Bruckern setzen und auf Plakate weitgehend verzichten. "Ich glaube, die Menschen sind genervt von diesem ausschweifenden Kopf-Wahlkämpfen."

Neben Lutzeier stehen Philipp Heimerl für die SPD und Georg Stockinger (FW) als Kandidaten fest. Für die CSU könnte Erich Raff antreten, nachdem Andreas Lohde seinen Verzicht erklärt hat. Die BBV ist im Gespräch mit Martin Runge, dem Zweiten Bürgermeister von Gröbenzell.

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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