Demo vor der Klinik:Die Mitarbeiter haben genug

Lesezeit: 2 min

Kreisklinik FFB FFGR56538 24.6.2015 FFB Bruck Kreisklinik Streik des Klinikpersonals Foto: Günther Reger (Foto: Günther Reger)

Beschäftigte des Krankenhauses protestieren, weil 130 Kräfte fehlen und die zunehmende Arbeitsbelastung krank macht

Von Julia Kiemer, Fürstenfeldbruck

Der Mangel an Arbeitskräften im Klinikum Fürstenfeldbruck gilt als nicht mehr tragbar. Laut einem Personal-Check der Gewerkschaft Verdi fehlen in dem Krankenhaus rund 130 Fachkräfte, um die Arbeit akkurat ausführen zu können. Auch den Mitarbeitern im Krankenhaus reicht es. Rund 120 Beschäftigte haben am Mittwoch um 13 Uhr für zehn Minuten an der Auffahrt der Notaufnahme demonstriert. Sie folgten damit dem Aufruf von Verdi zur bundesweiten Demonstration "Aktion 162 000". Diese soll die auf die insgesamt 162 000 fehlenden Arbeitskräfte in deutschen Krankenhäusern aufmerksam machen.

Vor der Notaufnahme werden Nummern hochgehalten, die den Mangel in Bruck, die 130 fehlenden Kolleginnen und Kollegen, repräsentieren sollen. Es protestieren Ärzten, Krankenschwestern aber auch Putzfrauen. Eine Frau hält ein Plakat hoch, auf dem ein Arzt mit vier Beinen und sechs Füßen zu sehen ist. Um ihn herum sind Sprechblasen, die mit Wörtern wie "Doktor", "Schnell" oder "Hilfe" gefüllt sind. Das weist auf die Überforderung hin, den Druck, überall gleichzeitig sein zu müssen, weil einfach das Personal fehlt.

"Wir sind zu wenig", beteuert Holger Geißler, Personalratsvorsitzender und Unfallchirurg. Er sei überrascht, dass sich doch so viele versammelt haben. Das zeige, wie groß das Interesse sei, aber auch gleichzeitig, wie schlimm die Situation mittlerweile sei. Die Motivation ist groß, weil die Mitarbeiter einfach nicht mehr können. Die Realität sind unzumutbare Wartezeiten in der Ambulanz, überforderte Nachtwachen, die sich alleine um mehr als 30 Patienten kümmern müssen, abgehetzte Krankenschwestern und Bereitschaftsdienste, die zum Volldienst werden. "Das Krankenhaus soll Patienten gesund machen, macht durch den Personalmangel aber ihre Beschäftigten krank", sagt Geißler. Eine Krankenschwester sagt: "Es ist einfach unerträglich geworden, ich kann nicht mehr". Eine ihrer Kolleginnen erzählt, dass sie oft in ihrer Freizeit angerufen werde und dann einspringen müsse.

Die Hauptursache des Notstands, der alle Berufsgruppen im Krankenhaus, vor allem aber Pflegefachkräfte betreffe, sei die stetige Zunahme der älteren Bevölkerung und damit auch die steigende Anzahl von Kranken. Auch die Zahl der Mitarbeiter habe zugenommen, aber eben nicht entsprechend dem Anstieg der Patientenzahl, erklärt der Personalratsvorsitzende. Zudem sei vor etwa 15 Jahren begonnen worden, extreme Einsparungen beim Personal vorzunehmen. Seitdem habe sich die Situation verschärft, so eine Pflegerin. Derzeit gebe es noch einige routinierte und langjährige Mitarbeiter im Krankenhaus, die "den Laden zusammenhalten", erklärt Geißler. Viele Arbeitskräfte seien aber auch gegangen, weil die Belastung zu hoch gewesen sei. Dass von unten aufgrund der untragbaren Arbeitsbedingungen kaum noch Nachwuchs kommt, verschärft das Problem. Es gebe schon einige Anfänger, aber die seien nach drei bis fünf Jahren schon so am Ende, dass sie die Branche wechseln würden.

Primär müsse die Politik nun Geld "reinstecken", damit man neue Arbeitskräfte einstellen könne. Langfristig bestehe die Kunst darin, die Attraktivität durch bessere Arbeitsbedingungen wiederherzustellen, damit wieder mehr Menschen Pfleger oder Krankenschwester werden. Aber ob die Politik nun endlich reagiere, das stehe in den Sternen, sagt Geißler.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: