SZ-Serie: Inklusion:Brandschutz als Barriere

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Felix Hechtel, 26 Jahre alt, ist seit Kurzem Leiter der VdK-Geschäftsstelle in Fürstenfeldbruck. (Foto: Reger)

Die VdK-Geschäftsstelle in Bruck befindet sich in einem relativ neuen Gebäude. Doch viele Menschen scheitern auf ihrem Weg dorthin schon an den Türen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Wie fühlt es sich eigentlich an, in einem Rollstuhl zu sitzen? Wie gut kann man sich damit fortbewegen? Wen solche Fragen beschäftigen, der hätte unlängst beim Rolliparcours des VdK, einmal beim Brucker Stadtfest der BBV, ein anderes Mal vor dem Citypoint in der Kreisstadt, eine Antwort darauf finden können. Den kurzen Hindernisparcours, den interessierte Ungeübte in einem Rollstuhl absolvieren konnten, hatte der Sozialverband im Rahmen der bundesweiten Aktion "Weg mit den Barrieren" angeboten. Jedes Jahr widmet sich der Sozialverband VdK Deutschland einem bestimmten Thema. Dieses Jahr geht es um Barrierefreiheit. Sinn der Kampagnen ist es, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die jeweilige Problematik zu schaffen.

Wie der Geschäftsführer der Brucker VdK-Geschäftsstelle, Felix Hechtel, erläutert, beginnt das Thema Barrierefreiheit eigentlich schon mit dem Bewusstsein, dass das nicht nur Menschen im Rollstuhl angehen muss. "Das betrifft auch den Reisenden mit Koffer, die Mutter mit Kinderwagen." Menschen mit Gipsbein oder auch nur solche, die gerade einen Großeinkauf beispielsweise von dem Drogeriemarkt im ersten Stock des Citypoint hinunter in die Tiefgarage bringen wollen - alle sind, zumindest zeitweise, in ihrer Mobilität eingeschränkt. Ausgerechnet in dem noch recht neuen Gebäude an der Schöngeisinger Straße zeige sich die Problematik gut: Zwar gibt es sogar zwei Aufzüge, die sind aber in den mit schweren Türen verschlossenen Treppenhäusern. Und die Tür hinein zum Drogeriemarkt im ersten Stock des Gebäudes dürfte zwar sämtliche Vorschriften des Brandschutzes erfüllen, hat aber ebenfalls ein solch beachtliches Gewicht, dass schwächere, ältere Menschen sie nicht oder nur mit Mühe aufbekommen. "Das habe ich oft, dass Leute mit dem Kinderwagen davorstehen und die Tür nicht aufkriegen", berichtet Hechtel. Für ihn ist die Situation in dem Einkaufszentrum "typisch" - einerseits würden die Aufzüge Barrierefreiheit vorgaukeln. Auf der anderen Seite karikiere eine - beziehungsweise zwei - derart schwere Türen die gute Absicht, auch Menschen mit einem Handicap den Zugang zu ermöglichen. Derartige Fälle gib es laut Hechtel oft; Grund seien zu schwammige Gesetze.

Mit der Aktion "Weg mit den Barrieren" will der VdK unter anderem Unterschriften sammeln und so den Druck auf die Politik erhöhen. Außerdem kann man auf einer Deutschlandkarte im Internet Barrieren melden. Für den Landkreis Fürstenfeldbruck sind zum Beispiel die Stadtbücherei in Olching und der S-Bahnhof Buchenau als nicht barrierefrei gemeldet. Dass die Deutsche Bahn als quasi zum Bund gehörendes Unternehmen "sich weigert", diesen Umbau zu realisieren, kritisiert Hechtel. "Wir leben nun mal in einer Marktwirtschaft, da ist Geld haben oder nicht haben die oberste Priorität."

Dennoch hofft der 26-Jährige, dass die Aktion seines Verbandes dabei hilft, die Barrierefreiheit zu erreichen. Es sei dabei "sehr wichtig, dass kommunal etwas passiert". Schon mit einfachen Mitteln, Rampen anstelle von Treppen oder einer tief angebrachten Klingel für Rollstuhlfahrer, könne die Erreichbarkeit in vielen öffentlich genutzten Gebäuden verbessert werden.

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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