Freiluft-Kulinarik:Petticoat, Pigalle und Picknick

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Essen im Freien und dabei die Sechzigerjahre aufleben lassen: Das ist das Motto eines öffentlichen Picknicks, das am Samstag wieder viele Menschen in den Klosterhof in Fürstenfeld lockt. (Foto: Günther Reger)

Hunderte von Menschen lassen sich im Fürstenfelder Klosterhof auf Decken nieder, essen gemütlich und geben sich ganz dem Veranstaltungsmotto "Swinging Sixties" hin

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Samstagnachmittag, es ist stechend heiß im Klosterhof, als die ersten Gäste ihren Decken zum "Fürstenfeld Picknick" ausbreiten. Etwas Kühlung bieten nur die Schatten der Baumgruppen auf beiden Seiten des Wasserlaufes, so dass es auf der Wiese unter deren Blattwerk bald eng wird. "Eigentlich wäre ja Badewetter, aber wir haben die Sechziger Jahre miterlebt, deshalb wollen wir lieber ein paar Stunden bei Musik und Tanz unserer Jugendjahre verbringen", sagt eine Bruckerin, die ganz nach dem Motto "Swinging Sixties" in ein Pünktchen-Kleid mit einem bauschig-weiten Petticoat-Unterrock, mit rüschen- und spitzenverzierten Stufen darunter, geschlüpft ist.

"Es gibt Sachen, die wirft man nicht weg, als hätte ich gewusst, dass ich es noch brauche" , lacht sie und dreht sich schwungvoll, als die Live-Band "Hot Cookies" unter dem Dach des Waaghäusls den Schlager "Pigalle" spielt, mit dem der Sänger Bill Ramsey einst begeisterte. Etwas später, als Schleierwolken aufziehen und ein laues Lüftchen über die Grünanlagen weht, strömen immer mehr Picknickfreunde herbei. Manche schleppen Kühlboxen mit, andere Körbe mit Brotzeiten und Getränken, so dass bald der gesamte Bereich mit Decken ausgelegt ist. "Ich denke dass insgesamt etwa 800 Menschen gekommen sind", schätzt ein Senior, der sich als "eifriger Protestierer gegen die Wiederaufrüstung und gegen den Vietnam-Krieg" outet. "Da war schon was los, als wir damals den Muff von 1000 Jahren unter den Talaren anprangerten", erinnert er sich, bevor er seine Susi auf die Tanzfläche führt, um "wieder Mal so richtig zu Twisten".

Auf einer Karo-Decke hat es sich Gloria Heep gemütlich gemacht. Wie in den Sechzigern üblich, hat sie ein knallrotes Kleid angezogen und weiße Kniestrümpfe dazu. Ihr Blick fällt auf einen Lancia Flavia, der damals als eines der ersten Autos mit Vorderradantrieb Furore machte. "Es gehört meinem Cousin Florian und unterstreicht unser Motto", verrät Tanja Gandlgruber vom Organisationsteam. Mit diesem Auto habe Andreano Celentano einst seinen Führerschein gemacht. Wie ihre Kolleginnen Marita Kuhn und Andrea Leimig trägt Gandlgruber ein zeitgemäßes Kleid. Ihres ist ein Grafik-Kleid.

"Wir wollen mehr Leben ins Kloster bringen und verlangen daher auch keinen Eintritt", erzählt die Mitarbeiterin des Veranstaltungsforums. Möglich sei dies aber nur dank großzügiger Sponsoren, mit deren Spenden man die Kosten für die Live-Band weitestgehend abdecken könne. Die ersten beiden Picknick-Nachmittage, die unter den Mottos die Zwanziger und die Fünfziger organisiert worden waren und auch der diesjährige seien gut angenommen worden, daher werde man im nächsten Jahr "die Flower-Power-Zeit der Siebziger" wählen, so Gandlgruber.

Die meisten Gäste waren nicht mottogemäß gekleidet, ein Mann stach allerdings mit kurzer rosafarbener Hose, blauem Hemd, Fliege und gelbem Sakko hervor. Manche Besucher wollten auch nur Musik hören und beobachten die Tanzfläche von Biertischgarnituren. Unter den Picknickern befinden sich auch Mitglieder vom "Brucker Perchten und Rauhnachtsgsindl", die den Abschied von Gründungsmitglied Arne Franz feiern, den es beruflich in die Pfalz zieht. Auch aus dem Umland, aus Moorenweis, Kottgeisering und aus München waren Picknickfreunde angereist, um bei Liedern wie "Rote Lippen soll man küssen" oder "Zwei kleine Italiener" die Sechziger Jahre für kurze Zeit wieder in den eigenen Erinnerungen aufleben zu lassen.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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