Flugsportgemeinschaft:Frei wie ein Adler

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Brucker Realschüler bestaunen in der Werkstatt der Flugssportgemeinschaft den alten Einsitzer, den die Mitglieder wieder flugtauglich machen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Restauration einer alten Einsitzer-Maschine nutzen die Mitglieder der Fürstenfeldbrucker Flugsportgemeinschaft als Mittel zur Nachwuchsgewinnung. Sie laden Realschüler in die Werkstatt ein, um sie für ihr Hobby zu gewinnen

Von Julius Nindl, Fürstenfeldbruck

Frei sein wie ein Adler. Wenn die bräunlich melierten Tiere eine warme Luftströmung entdecken, kreisen sie minutenlang mit ausgebreiteten Schwingen in der Nähe von Feldern oder Voralpenhängen. Manchmal kreuzt die Flugbahn der Greifvögel noch ein weitaus größeres Flugobjekt, das sich ebenfalls die thermischen Winde zu Nutze macht. Nun wiegt ein Segelflugzeug je nach Ausstattung mehrere hundert Kilo, also ein vielfaches mehr als sein tierischer Konkurrent. Eines haben jedoch beide gemeinsam: Es herrscht bis auf das Piepen des Höhenmessgeräts im Flieger und das gelegentliche Kreischen seines gefiederten Gegenübers absolute Stille. Nur wenige aktive Segelflieger kommen in den Genuss in kreisenden Bewegung mit der Natur zu verschmelzen. Josef Pichler, Mitglied der Flugsportgemeinschaft (FSG) Fürstenfeldbruck, kann von diesem einmaligen Erlebnis erzählen. Auch die rund 15 Fürstenfeldbrucker Realschüler verfolgen die Bilder und Videos aus dem Jahr 2011, als sich eine Delegation des Vereins in Richtung der französischen Alpen aufmachte.

Die Nachwuchsarbeit ist für den Vorstand des Vereins, Michael Scheingraber, ein wichtiges Standbein und dient als Lebensversicherung für die Zukunft. Sinkende Mitgliederzahlen im Segelflugsport und ein fehlender Flugplatz im Landkreis, nahm Scheingraber zum Anlass, um den Nachwuchs für das Segelfliegen zu beigeistern. Mario Selss hat zusammen mit seinen Kollegen des Vereins in knapp 900 Arbeitsstunden die Einsitzer-Maschine "Grunau Baby" in mühevoller Arbeit restauriert, das Ergebnis beeindruckt auch die Kinder der Realschule. Das Grundgerüst des Segelfliegers, der erstmals in den 1930er Jahren in Deutschland gebaut wurde, ist im Vergleich zu den moderneren Gleitflugzeugen gänzlich aus Holz konstruiert. "Früher hat man einfach Bettlaken zum Bespannen genommen", erzählt Mario Selss, der den Schülern an einer aufgeschnittenen Tragfläche das Prinzip des Auftriebs erklärt. Das Flugzeug, das nahezu den gesamten Raum der kleinen Werkstatt einnimmt, wurde mit Nylonstoff bespannt, die Behandlung mit verschiedenen Lacken zur Aushärtung des Gewebes, gleicht aber dem Herstellungsverfahren vor rund 70 Jahren.

"Explodieren", könne das treibstofflose Objekt nicht, erklärt Mario Selss einer Schülerin, die sich um den Sicherheitsaspekt der zerbrechlich wirkenden Flugzeuge sorgt. Gelegentlich wird das Fahrwerk beschädigt, wenn der Pilot die Entfernung zum Flugplatz falsch einschätzt und auf einem Kartoffelacker notlanden muss.

Die FSG Fürstenfeldbruck unterhält mit seinen rund 40 Mitgliedern zwei Segelflugzeuge und einen Motorflieger, was angesichts der derzeit unbefriedigenden Situation beachtlich ist. Nachdem der Flugplatz in Fürstenfeldbruck nicht mehr genutzt werden kann, fahren die Mitglieder des Vereins die weite Strecke in das baden-württembergische Aalen, um den Flugsport nicht gänzlich aufgeben zu müssen. Auf bis zu 100 Flugstunden jährlich kommt man als so genannter "Spazierflieger", so Michael Steinbauer, der das Hobby zum Beruf machte und in seiner Arbeit als Verkehrspilot über solch geringe Flugzeiten nur schmunzeln kann.

Doch wer denkt, dass sich die Freunde des Segelfliegens nach der Restauration nur dem Flugsport hingeben, der irrt: Das historische Gleitflugzeug "SG 38" haben die Mitglieder erst kürzlich in einer alten Scheune entdeckt, die Instandsetzung wird allerdings mindestens zwei Jahre dauern, so die Einschätzung von Mario Selss. Dann wird er zusammen mit seinen Kollegen die Tragflächen reparieren und das Cockpit mit neuen Instrumenten bestücken, um sich anschließend an der Seilwinde in den Himmel katapultieren zu lassen.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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