Fledermäuse im Gehölz?:Rätselraten über ein Phantom

Lesezeit: 2 min

Die geplante Fällung mehrerer Bäume im Kester-Haeusler-Park ist in Fürstenfeldbruck sehr umstritten. Denn im Gehölz könnten Fledermäuse wohnen. Sicher ist das aber nicht. Die Stadt bringt das in die Zwickmühle

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Für die Stadt ist die Sache unangenehm. Sie gerät zwischen die Fronten, kann es nicht allen recht machen: Aus einem Gutachten geht hervor, dass im Fürstenfeldbrucker Kester-Haeusler-Park Fledermäuse heimisch sein könnten. Ausgerechnet dort, wo ein Kinderhaus gebaut werden soll. Wohlgemerkt: könnten. Gesehen hat die streng geschützten Tiere offenbar noch niemand. In Frage kommen Großer Abendsegler, Braunes Langohr, Mops- sowie Wasserfledermaus, die im Winter unter anderem in alten Spechthöhlen überwintern. Weil die Tiere sich im Herbst nach Winterquartieren umsehen und im Frühjahr brüten, dürfen potenzielle "Wohnbäume" nur während eines engen Zeitfensters von Ende September bis Ende Oktober gefällt werden. Zweiter Bürgermeister Erich Raff (CSU) hat angesichts des Zeitdrucks jüngst Baumfällungen genehmigt - noch vor der Baugenehmigung.

Die Stadt kann eigentlich nur verlieren. Bewahrheitet sich die These, dass in einigen der Bäume - die Rede ist von elf - wirklich Fledermäuse leben, dann zieht sich die Stadtspitze den Zorn von Vogelschützern und Naturschützern zu - der Bund Naturschutz hat sich ohnehin bereits nachdrücklich gegen die weitere Versiegelung des Parks ausgesprochen. Bewahrheitet sich die These nicht, dann dürfte schnell der Vorwurf folgen, mit dem Fällen seien vorschnell irreversible Tatsachen geschaffen worden. Die wären vor allem fatal, falls das ganze Kinderhaus-Neubauprojekt doch noch scheitert. Zudem würden sich die Kritiker bestätigt fühlen, die dem Bürgermeister Eigenmächtigkeit vorwerfen. Raff hatte das Fällen über die Köpfe des Stadtrats hinweg entschieden. Der Punkt hatte nicht mehr auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am 4. Oktober gesetzt werden können, weil hier Fristen einzuhalten sind. Die nächste Sitzung am 25. Oktober, in der es in der Tat auch um das Kita-Projekt geht, kommt freilich zu spät. Aus diesen Gründen liegen sowohl im Rathaus als auch bei der Kester-Haeusler-Stiftung spürbar die Nerven blank. Im Rathaus heißt es, das Gutachten lege einen "begründeten Verdacht" nahe, letzte Gewissheit werde es aber erst im Zuge der Fällaktion geben. Aus dem Umfeld der Kester-Haeusler-Stiftung heißt es, Fledermäuse seien noch nie im Park gesichtet worden. Offiziell will sich der Bauherr der sechsgruppigen Kita nicht äußern und auch keine Fotos der in Frage kommenden Bäume in den Medien. Bloß keine weiteren Verzögerungen riskieren.

Die Untere Naturschutzbehörde versucht nun, die Wogen zu glätten. An der Vorgehensweise der Stadt sei nichts auszusetzen, betont Petra Heber, Leiterin der am Landratsamt angesiedelten Behörde. Sie bestätigt: Es ist völlig offen, ob im Park wirklich Fledermäuse leben und verweist auf die Erstellung der "speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung". Diese legt nahe, an insgesamt elf Bäumen "mit fledermausrelevanten Strukturen", also Astlöchern oder Spechthöhlen, eine Überprüfung auf Fledermausbesatz durchzuführen". Baumkletterer setzen dabei Endoskop-Kameras ein. Fällungen erfolgten "außerhalb der Wochenstubenzeit und der Winterschlafzeit" der Tiere.

Kann nicht ausgeschlossen werden, dass Höhlungen in den Bäumen bewohnt sind, werden diese verschlossen und die Bäume sollen sehr vorsichtig umgelegt werden. Anschließend wird die Höhlung wieder geöffnet, so dass die Tiere wieder ausfliegen und ein anderes Winterquartier suchen können. Stammabschnitte von Bäumen mit Höhlen oder Astlöchern, die für Fledermäuse oder Vogelarten geeignet sind, sollen geborgen und an anderer Stelle an Bäumen des Parks aufgehängt werden. Zudem ist vorgesehen, Fledermauskästen in der Nähe anzubringen.

Baumkletterer sollen Endoskopkameras einsetzen, so wie hier im Februar in Höhenkirchen. (Foto: Angelika Bardehle)

Uschi Anlauf, bei der Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz für Fledermäuse zuständig, kennt die eingeschaltete Biologin persönlich und vertraut auf ihre Expertise. Gleichwohl verweist sie auf den strengen Schutz von Fledermausquartiere. Sollten sich im Zuge weiterer Untersuchungen konkrete Hinweise auf eine Besiedelung ergeben, dann bedürfte es wohl einer Ausnahmegenehmigung durch die bei der Regierung von Oberbayern angesiedelte Obere Naturschutzbehörde. Anlauf: "Mir persönlich wäre es aber am liebsten, wenn das Kinderhaus erst gar nicht im Kester-Haeusler-Park, sondern anderswo gebaut wird und die alten Baumbestände erhalten werden." Sie bedauere, "dass es hier zu einem Konflikt zwischen Fledermäusen und Kindern kommt".

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: