Fit für die Karriere:Sprungbrett in den Arbeitsmarkt

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Gemeinsam gegen Fachkräftemangel (von links): Ulrike Garanin, Ilse Schmückler (beide vom Joblinge-Projekt), Koteba Alabrahem, Yonas Ytesyon, Yohannes Habtemariam, Abdallah Arhem sind seit einem Jahr bei Joblinge-Flucht, sowie vom Jobcenter Claudia Baubkus, Michael Schankweiler und Christian Bockes. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Projekt Joblinge-Flucht will in Kooperation mit den Jobcentern junge Asylbewerber dabei unterstützen, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen. In Fürstenfeldbruck startet bereits die zweite Gruppe des Pilotprojekts

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Zwei Jahre nachdem etwa eine Million Geflüchtete in die Republik gekommen sind, ist die anfängliche Willkommenseuphorie zum Teil in Ernüchterung umgeschlagen. Anfangs hofften die Arbeitgeber, den Fachkräftemangel mit Hilfe der Asylbewerber zu dämpfen. Doch inzwischen hört man immer wieder Geschichten von enttäuschten Unternehmern, die Asylbewerbern eine Arbeitsstelle gegeben haben und oft schon nach kurzer Zeit feststellen mussten, dass sprachlich, vor allem aber auch arbeitsmoralisch zwei Welten aufeinanderprallen. Mit dem Pilotprojekt "Joblinge-Flucht" will das Jobcenter Fürstenfeldbruck diese Situation ändern. Junge Asylbewerber sollen in einem Zeitraum von vier Jahren erst die sprachlichen und anderen grundsätzlichen Anforderungen wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit lernen, bevor sie sich einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz suchen. Während der ganzen Phase werden sie zudem von einem Mentor begleitet.

Die Initiative Joblinge gibt es schon zehn Jahre. Auch ohne Flüchtlinge leben in Deutschland viele junge Menschen ohne oder mit einem schlechten Schulabschluss, die auch mangels anderer Kompetenzen kaum in den Arbeitsmarkt zu vermitteln sind. Von dieser Personengruppe gibt es laut der Joblinge-Initiatorin Ulrike Garanin von der Boston Consulting Group (BCG) etwa 400 000. Mit den Flüchtlingen sind weitere 300 000 junge Menschen hinzu gekommen. Sie könnten durch das Joblinge-Projekt in die Arbeitswelt integriert werden. Deshalb hat Garanin mit ihren Kooperationspartnern von der Eberhard von Kuenheim-Stiftung, der BMW AG und der Unternehmensberatung BCG ihr ursprüngliches Projekt im Vorjahr so erweitert, dass beispielsweise ein Intensivsprachkurs dazugehört.

Etwa genau so lange, seit vergangenen November, gibt es das Pilotprojekt Joblinge-Flucht beim Jobcenter Fürstenfeldbruck. Nun ist das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Welch großen Einfluss man ihm hinsichtlich der Zukunft des Arbeitsmarktes und der gesellschaftlichen Entwicklung beimisst, wurde bei dem Termin im Jobcenter durch die Anwesenheit von Ulrike Garanin oder dem Geschäftsführer der Regionaldirektion Bayern vom Jobcenter, Christian Bockes, sowie Michael Schankweiler von der Bundesagentur für Arbeit Weilheim unterstrichen. Schankweiler sprach von einem "sehr innovativen Projekt". Und Bockes betonte, dass 20 Prozent der Jobcenter-Kunden in Bayern einen Fluchthintergrund haben. Im Landkreis leben derzeit circa 2500 Flüchtlinge, davon etwa 1100 Schutzberechtigte mit Bleiberecht. Sie werden vom Jobcenter betreut, haben oft keinen oder nur einen ungenügenden Schulabschluss und sind genau die Zielgruppe des Pilotprojekts.

Natürlich wird das Joblinge-Programm auch in Kooperation mit anderen Jobcentern angeboten. Es gibt das Projekt bereits in sechs Metropolen, darunter in Berlin, Stuttgart und Leipzig. Allerdings musste sich jedes Jobcenter zunächst mühsam seinen eigenen Weg zur Finanzierung suchen. Beim Jobcenter Fürstenfeldbruck ist jetzt nicht nur im September die zweite Gruppe mit 19 Teilnehmern gestartet. Dort hat man auch einen Weg zur Finanzierung ausgetüftelt, den nun alle anderen Jobcenter ebenfalls gehen können. Garanin bedankte sich dafür bei der Leiterin des Jobcenters, Claudia Baubkus: "Frau Baubkus mit ihren Mitarbeitern hat sich nicht gescheut, bis zum Bundesrechnungshof zu gehen." Nun könne Joblinge-Flucht viel einfacher bundesweit umgesetzt werden, sagte Garanin. Die von der Fürstenfeldbrucker Jobcenter-Chefin durchgeboxte Finanzierung könne nun einfach, quasi als Blaupause, von anderen Jobcentern übernommen werden.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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