Fest der Kulturen:In wenigen Schritten um die Welt

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Menschen aus mehr als zwanzig Nationen feiern, tanzen und essen gemeinsam auf dem Fürstenfeldbrucker Fest der Kulturen. Neben der Kulinarik aber ist es ausgerechnet ein Fragebogen in verschiedenen Sprachen, der die Menschen dort zusammenbringt

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Im neonpinken Tricot tanzt sich Nancy Klein die Seele aus dem Leib. Ihre Hüften kreisen, ihre Arme schwingen, dann breitet sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und mit ein paar fordernden Gesten macht sie dem Publikum deutlich, dass da ruhig noch ein bisschen mehr Stimmung kommen darf. Um die Tänzerin hat sich eine Menschentraube gebildet. Das Publikum applaudiert Nancy, die so viel Energie in die sonst so unspektakuläre Heimstättenstraße katapultiert, dass sofort klar ist, dass da vorne eine echte Latina tanzt.

Auf dem Fest der Kulturen präsentiert Nancy Zumba eine lateinamerikanische Tanzrichtung, die jüngst zum Fitnesstrend avanciert ist. Die Peruanerin gibt Zumba-Unterricht in Landsberied und Fürstenfeldbruck. Abgelöst wird sie schließlich von den Fursty Razorbacks Cheerleadern, die mit ihrer akrobatischen Tanzeinlage nicht weniger begeistern. Zwischen Tanz und Musik drängen sich den gesamten Straßenzug entlang internationale Stände dicht an dicht. Wer möchte, kann an diesem Sonntag peruanische Empanadas kosten oder Süßigkeiten aus dem Orient genießen, um gleich darauf seinen Durst bei einem brasilianischen Cocktail zu löschen. Mehr als 20 Nationen sind auf dem Fest vertreten und egal wohin man geht, es herrscht gute Laune. So ist auch die Organisatorin und Geschäftsführerin des Brucker Forums, Christine Höppner, zufrieden. Ihr Highlight: "Dass es friedlich ist. Heutzutage, denke ich, kann man sich freuen, dass die Brucker es schaffen, friedlich zusammenzuleben", sagt sie. "Dass wir zusammenwachsen ist mir wichtig." Damit nennt sie einen der Gründe für die Entstehung des Fests vor vier Jahren. Gerade der Veranstaltungsort ist Höppner dabei wichtig. Nicht etwa, weil dort das Forum 31, das Zentrum für Interkulturelle Frauen- und Familien-Bildung des Brucker Forums sein Zuhause hat, sondern weil an diesem Ort diejenigen leben, die Höppner zusammenbringen will. "Und weil ich es wichtig finde, auch an den Ecken etwas zu machen, die noch unprätentiös sind", erklärt sie.

Auch Willi Dräxler, Integrationsreferent der Stadt, ist mit dem Fest zufrieden. Das Organisationsteam hat sich in diesem Jahr etwas Besonderes einfallen lassen, damit diejenigen, die kommen, sich noch einfacher kennenlernen können, erzählt Dräxler: Ein Quiz mit 12 Fragen in verschiedenen Sprachen. Um es komplett zu lösen, müssen die Besucher sich durchfragen und die ansprechen, die ihnen die Fragen übersetzen können. Gerade die Gespräche, das Kennenlernen macht schließlich ein Fest wie dieses aus. "Hier hat man immer schöne Begegnungen", sagt Dräxler. Wie zum Beweis bleibt ein Afrikaner vor ihm stehen und ruft: "Willi, wie geht's dir?" Dembele aus Mali stellt sich kurz vor. Seit 20 Jahren lebe er in Bruck und es gefällt ihm ganz gut. Im Alltag fehle ihm die Integration zwar noch ein bisschen, sagt er, aber so ein Fest wie heute, sei doch schon ein guter Anfang. Kurz darauf stößt CSU-Stadtrat Franz Höfelsauer dazu, der das schöne, bunte Angebot lobt und wieder fünf Minuten später, werden Dembele und Höfelsauer von Frank Beyer abgelöst, der als Soldat im Nato-Hauptquartier in Nepal arbeitet und erst am Vortag angereist ist, um seine Familie zu besuchen. Ein Fest der Begegnungen eben.

Beyer erzählt von früher, von seiner Zeit in Kabul und davon, dass er nicht verstehen könne, wie man ein so faszinierendes Land wie Afghanistan zerstört kann. Apropos Afghanistan - da hakt Dräxler ein. Wenn man schon beim Thema sei, müsse er Beyer gleich seine Freunde vom afghanischen Stand ein paar Meter weiter vorstellen.

Dort steht Ingela Farani, verkauft landestypische Spezialitäten und sammelt Spenden für Kinder in ihrem Heimatland. Seit 31 Jahren lebt sie in Deutschland, seit 21 Jahren in Bruck. Auf dem Fest der Kulturen dabei zu sein ist ihr wichtig, immerhin sei Fürstenfeldbruck ihr kleines Kabul, ihr zweites Zuhause.

Und dann - so sehen das die Peruanerin Particia Strohmayr vom Stand der "Latinos Americanos", der Lateinamerikaner in Bruck, und die Afrikanerin Hawa Böhner vom Verein Help Liberia - könne das Fest der Kulturen auch ein Stück weit ein Gefühl von Zuhause vermitteln, ein kleines bisschen zumindest die Sehnsucht nach dem Herkunftsland lindern. Wie? Durch Begegnungen.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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