Fanfahrt ins Salzburgerland:In der Kälte Flagge zeigen

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70 Fans aus dem Wohnort von Lena Dürr machen sich gemeinsam auf und begleiten die Skirennläuferin Dürr beim Nachtslalom in Flachau

Von Heike A. Batzer, Germering/Flachau

Ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch: Die Sonne scheint, der Schnee glitzert. Der weiße Teppich säumt die ganze Strecke entlang der Autobahn Richtung Salzburger Land. 70 Wintersportfreunde machen sich am Dienstag in einem geräumigen Doppeldeckerbus von Germering aus auf in den österreichischen Fremdenverkehrsort Flachau, um eine der prominentesten Bürgerinnen ihrer Heimatstadt, Lena Dürr, zum Weltcup-Slalom zu begleiten. Das Wetter macht Lust auf Winter, doch die schönste Zeit des Tages verbringen die Ausflügler im Bus. Später wird es kalt werden, bitterkalt sogar. Peter Dürr, Lenas Vater, ist erfahren genug, die Wetterlagen in den Bergen einzuschätzen. Der 56-Jährige ist früher selbst im Ski-Weltcup gefahren, war in den Achtzigerjahren zweimal Olympiateilnehmer. "Bitte daran denken, dass man ziemlich lange im Freien steht und es auch kalt werden kann", schreibt er vorab den Teilnehmern der Ein-Tages-Fahrt in einer E-Mail. Das Weltcup-Rennen in Flachau wird als Nachtslalom ausgetragen, der erste Durchgang beginnt um Viertel vor sechs Uhr abends, der zweite erst um Viertel vor neun - bei elf Grad minus.

Auf viele Anhänger zählen kann Lena Dürr beim Weltcup in Flachau, darunter auch auf Germerings Oberbürgermeister Andreas Haas (links im Foto). (Foto: oh)

Die Germeringer Fans haben sich gewappnet mit Anorak, Skihose, warmen Stiefeln, dicken Handschuhen. Auch Andreas Haas, Oberbürgermeister der Stadt, kommt schon mit dem wärmenden Skioutfit zum Treffpunkt am Germeringer Volksfestplatz. Die Frage, die sich alle stellen: Wird die eigene Vermummung reichen?

Wohl auch der Kälte wegen, so geht die Vermutung, haben die Österreicher die Musik an der Weltcupstrecke, die nach ihrem aus Flachau stammenden Idol Hermann Maier benannt ist, richtig laut gestellt. Auf dass den Zuschauern - 10 000 sollen es diesmal gewesen sein - das Mitwippen im Kampf gegen die tiefen Temperaturen leichter fällt. Die Fahrt jeder Rennläuferin wird von Musik begleitet, Strecke und Zielraum sind in helles Flutlicht getaucht, sodass man beinahe vergessen kann, dass es eigentlich schon Nacht ist. Eine Riesenleinwand im Zielraum zeigt die TV-Bilder von der Rennstrecke, der Stadionsprecher kommentiert bisweilen mehrsprachig und gibt gezieltes Fachwissen weiter, beispielsweise über die spätere Siegerin Frida Hansdotter aus Schweden ("eines der bezauberndsten Lächeln im Weltcup"). Hansdotter wurde mit dem Sieg auch zur "Snow Space Princess" gekürt. Vom Eventmarketing verstehen sie was, die Österreicher. Schon der Fanklub-Contest, ein Wettbewerb für Fanklubs unweit des Weltcuphangs, kommt mit großer Bühne daher. Lena Dürrs jüngere Schwester Franzi muss dabei ein bisschen Biathlon nachspielen, am Ende gewinnt der Germeringer Fanklub 100 Euro und die österreichischen Ausrichter loben sich selbst für ihre Großzügigkeit: Sie hatten die Germeringer doch noch mitmachen lassen, obwohl die ein wenig zu spät gekommen waren.

Auch dass Lena Dürr, bislang beste deutsche Slalomläuferin in diesem Winter, diesmal große Unterstützung aus der Heimat mitbringt, hat sich schnell herumgesprochen. "Wo seid Ihr, Lena-Dürr-Fans?", ruft der Stadionsprecher mehrmals in sein Mikrofon und die Germeringer Fans auf der großen Tribüne im Zielraum wehen wie auf Knopfdruck mit ihren Deutschland-Flaggen. Sie wurden gut ausgestattet im Vorfeld mit eben jenen Fahnen sowie eigenen weißen Mützen mit dem Schriftzug der Skirennläuferin und der Germeringer Firma Docuware. Deren Gründer und Chef, Jürgen Biffar, ist seit Beginn dieses Winters einer von Lena Dürrs Sponsoren. Seither trägt sie den Namen des Unternehmens auf Mütze und Helm. Zusammen mit Dürrs Vater Peter hatte Biffar die Fahrt nach Flachau organisiert. "Ich bin super gespannt, ich habe so etwas noch nicht erlebt. Aber es wird bestimmt eine Riesengaudi", sagt er zur Begrüßung der Mitreisenden im Bus. Einen offiziellen Fanklub gibt es nicht, auch wenn die Worte Lena-Dürr-Fanklub Germering auf dem riesigen Transparent stehen, das die Reisegruppe an diesem Tag immer mit sich führt.

Nach dem Rennen ist Zeit für Autogrammwünsche. (Foto: oh)

Man ist eher so was wie eine lose Zusammenkunft Gleichgesinnter: Dürrs Schwester Franzi ist dabei, Mutter und Vater kommen eigens mit dem Auto. OB Haas und seine Frau fahren im Bus mit, Claudia Wagenführer, Konrektorin der Germeringer Kerschensteiner Schule, und Roland Bühler, stellvertretender Abteilungsleiter der ebenfalls von Docuware unterstützten Handballer des SC Unterpfaffenhofen-Germering, sind dabei, auch Wolfgang und Gabriele Bartels. Die beiden Puchheimer sind dem Skisport verbunden geblieben, seit Tochter Stephanie früher zusammen mit Lena Dürr beim SV Germering fuhr. "Das war eine schöne Zeit, die möchte ich nicht missen - auch wenn wir oft morgens um fünf schon los fahren mussten", sagt Gabriele Bartels. Auch Kinder sind dabei. Für sie wird es ein langer Abend werden, erst nach ein Uhr morgens wird der Bus wieder in Germering zurück sein.

Dafür werden sie nicht ohne ein Autogramm von Lena Dürr heimkehren. Nach dem Rennen kommt die 25-Jährige zu ihren Germeringer Fans auf die Tribüne, schüttelt Hände, umarmt Freunde, schreibt ihren Namen auf Zettel und Fahnen und stellt sich für das Erinnerungsfoto. Auch Andreas Haas sichert sich ein gemeinsames Foto mit der Prominenten, die sich schon 2013 nach ihrer WM-Bronzemedaille im Teamrennen ins goldene Buch der Stadt Germering hatte eintragen dürfen, und kommentiert seinen Fan-Status mit einem Grinsen: "Da wird man wieder richtig zum Kind."

So richtig zufrieden mit ihrem Abschneiden in Flachau ist Lena Dürr nicht, 14. ist sie geworden. Nach Rang zwölf im ersten Durchgang wäre mehr drin gewesen. "Eigentlich ist es das Ziel im zweiten Lauf, dass die Eins aufleuchtet", erklärt sie hinterher. Also, dass sie, die ja einen Vorsprung auf die vor ihr Fahrende hatte, diesen auch halten kann. Aber auch Tage zuvor in Maribor war sie von Rang zehn noch auf Rang 21 abgerutscht. Diesmal ist Teamkollegin Christina Geiger noch an ihr vorbeigerauscht und Achte geworden. Immerhin dürfen nun beide Anfang Februar gemeinsam zur WM nach Sankt Moritz fahren: Geiger qualifizierte sich in Flachau, Lena Dürr hatte sich ihren Startplatz schon zu Saisonbeginn mit Rang sechs gesichert.

© SZ vom 12.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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