Erfolg für Nachbarn:Stummer Kirchturm

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Sankt Bernhard verzichtet vorerst aufs morgendliche Angelusläuten

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Brucker Pfarrei Sankt Bernhard verzichtet vorerst auf das morgendliche Angelusläuten. Das haben Pastoralreferent Johannes Sporrer und Pfarrer Stefan Scheifele, der den Pfarrverband nach dem gesundheitsbedingten Ausscheiden von Albert Bauernfeind kommissarisch führt, am Dienstag bestätigt. "Um des Friedens Willen" geht die Kirche damit einen weiteren großen Schritt auf einige Nachbarn zu, die sich über das etwa zweiminütige Läuten werktags um 7 Uhr und an Wochenenden um 8 Uhr beschwert hatten. Alexander Schapovalov, der seit 1997 etwa 50 Meter von der Pfarrkirche entfernt im dritten Stock eines Mietshauses wohnt, hatte kurz vor Weihnachten Unterschriften von 15 weiteren Anliegern überreicht, die sich dafür aussprechen, sich aufs liturgische Läuten um 12 und um 19 Uhr zu beschränken (im Gegensatz zu Sankt Magdalena oder Sankt Johannes in Emmering wird in Sankt Bernhard zwischen 19 und 7 Uhr immer schon auf den Stundenschlag verzichtet).

Schapovalov pocht auf eine Art Gewohnheitsrecht: Bis zum Abschluss statischer Prüfungen des Kirchturms im Dezember 2016 habe es "mindestens 20 Jahre" kein morgendliches Läuten gegeben.

Der "Glockenstreit" hatte in den zurückliegenden Monaten die Gemüter fast so erhitzt wie ähnlich geartete Konflikte um einen krähenden Hahn in der Buchenau oder Kuhglocken im Allgäu. In den sozialen Medien wurde teils deutliche Kritik geübt an den Bewohnern, die sich um den Schlaf gebracht fühlten. Der Pfarrgemeinderat hatte in einem ersten Entgegenkommen bereits auf das morgendliche Nachläuten verzichtet und in einem zweiten Schritt das Läuten an Samstagen und Sonntagen von 7 auf 8 Uhr verlegt.

"An die große Glocke hängen" wollen die Verantwortlichen ihr nochmaliges Entgegenkommen dennoch nicht. Möglicherweise fürchten sie selbst den Vorwurf, in einer so grundsätzlichen Frage der Religionsfreiheit und ohne juristische Not eingeknickt zu sein. Schriftlich teilten Sporrer und Scheifele auf Anfrage mit, dass "bis zur Findung einer einheitlichen Glockengeläutordnung vorübergehend das morgendliche Angelusgeläut ausgesetzt wird".

Der Verzicht könnte also nicht dauerhaft sein. Denkbar wäre, dass in ein paar Monaten morgens wieder geläutet wird - der Glockenschlag dann aber nicht mehr mit um die 70 Dezibel bei den Nachbarn ankommt. Denn die Lautstärke könnte durch "schalllenkende Maßnahmen" reduziert werden. Im Zuge der weiteren Turmsanierung sind ohnehin der Austausch des Glockenstuhls und Wanddämmungen geplant.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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