Entwicklung:Ebbe beim Gewerbegrund

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46 Firmen haben Interesse an einer Ansiedlung im Brucker Norden signalisiert. Dafür aber fehlen die Flächen. Sollte nicht bald etwas vorangehen, steht die Entwicklergesellschaft Industha vor dem Ende

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Wenn nichts passiert, dann hat die Industha Ende 2018 kein Geld mehr und ist reif für die Abwicklung. Das sagt Peter Lackerschmid, der im Auftrag der Anteilseigner Stadt und Sparkasse die Geschäfte beim Entwickler und Vermarkter des Gewerbegebiets Hasenheide Nord führt. An die Warnung knüpft er die Forderung, schleunigst neuen Gewerbegrund im Norden der Kreisstadt auszuweisen - interessierte Firmen gebe es genug. Doch selbst wenn die Stadt wirklich in die Gänge kommen sollte, werde wegen der langen Vorlaufzeiten vor 2019 gewiss keine Ansiedlung von Unternehmen gelingen. Bei der Vorstellung des Beteiligungsberichts im Hauptausschuss warf Lackerschmid seinem Vorgänger zudem Versäumnisse vor.

Damit wird eine altbekannte Debatte befeuert: Sollten die beiden 50-Prozent-Anteilseigner weiter Geld in die 1995 gegründete Industha stecken oder diese nicht gleich auflösen, so wie man das vor gut sechs Jahren mit dem chronischen Defizitbringer Wohnbaugesellschaft gemacht hatte. Stadt und Sparkasse mussten damals für einen Schuldenberg von 1,5 Millionen Euro aufkommen. Damals war die Rede von Managementfehlern. Solche Defizite oder personelle Härten wären diesmal freilich kaum zu erwarten, vermarktet die Industha doch lediglich noch einen sehr überschaubaren Restbestand an Grundstücken im nördlichen Teil des Gewerbegebiets Hasenheide, so am Kugelfang Nord und West sowie nördlich des Recyclingunternehmens Eisen-Rudi. Lackerschmid arbeitet halbtags ("Ich bin ein Auslaufmodell") und wird von einer Assistentin in Teilzeit unterstützt. Noch rechnet sich die Industha einigermaßen. Und wenn beispielsweise die Fläche östlich des Getränkelogistikers Trinks bebaut wird, dann fließt ein Erschließungsanteil von gut einer Million Euro in die Kasse. Vermarkten will die Fläche, auf die Staatliches Eichamt und Beschussamt ziehen sollen, allerdings der Grundeigentümer Freistaat in Eigenregie.

An der Staatsstraße nach Maisach könnte das Gewerbegebiet Hasenheide Nord noch wachsen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Stadtjurist Christian Kieser warnt gleichwohl vor einer Milchmädchenrechnung: Löse man die Gesellschaft auf, dann werde es eben auch keine Gewerbeentwicklung mehr im Norden geben, sagt er im Hauptausschuss und wiederholt diese Sichtweise im Stadtratsplenum. Unterstützung bekommt er dort von Andreas Lohde (CSU) sowie dem Zweiten Bürgermeister: Die Industha habe noch "auf Jahre" zu tun, glaubt Erich Raff (CSU), "momentan lohnt es sich weiterzumachen". Credo: Ohne Industha keine Neuansiedlung und ohne Neuansiedlung keine Verbesserung der Gewerbesteuereinnahmen. Karin Geißler (Grüne), Philipp Heimerl (SPD) und Klaus Wollenberg (FDP) plädieren dafür, sich in den zuständigen Gremien bald eingehend mit dieser Thematik zu beschäftigen. Christian Stangl (Grüne) warnt indes schon mal davor, Fehler der Vergangenheit wie die Ansiedlung von Trinks zu wiederholen und zu wenig auf Qualität zu achten.

Im März 2016 erst hat Lackerschmid die Aufgabe von Andreas Hackmann übernommen, der wiederum zwei Jahre lang Nachfolger des nach Olching gewechselten Jürgen Koller war. Hackmann habe ihm einige "offene Baustellen" hinterlassen, so auch bei der vertragsgemäßen Gestaltung von Grundstücken vor der Übergabe. Das größte Problem aber war und ist der Mangel an neuen Flächen. So heißt es auf der Homepage der Industha: "Derzeit sind alle Gewerbeflächen im Industrie- und Gewerbepark Hasenheide Nord verkauft beziehungsweise bebaut. Man prüft mit der Stadt die Möglichkeiten zur Ausweisung weiterer Gewerbeflächen im Stadtgebiet." Unter den verbliebenen Flächen schlummern teilweise Altlasten. Andernorts wollen Grundeigentümer nicht verkaufen oder es gibt keine geeigneten Tauschflächen für die Landwirte oder Areale, die standardmäßig als Ausgleich für Bodenversiegelung zu renaturieren sind.

"Derzeit sind alle Gewerbeflächen im Industrie- und Gewerbepark Hasenheide Nord verkauft beziehungsweise bebaut", so die Industha. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Für die 46 Firmen, die laut Lackerschmid Interesse bekundet haben und deren Bedarf er auf 100 000 Quadratmeter beziffert, gibt es im Norden der Stadt zurzeit viel zu wenig freie Flächen. Lackerschmid sieht eigentlich nur einen Bereich, den man relativ unproblematisch dem Gewerbegebiet zuschlagen könnte: Den ganzen westlich ans Gewerbegebiet grenzenden Abschnitt zwischen Staatsstraße 2054 und Am Kugelfang. Widerspruch erntet er dafür von Stadtbaurat Martin Kornacher. Der sieht vor allem aus stadtplanerischen Gründen wenig Spielraum: Er schlägt als Kompromiss vor, per Bebauungsplan westlich des Kugelfangs bestenfalls noch einen maximal 50 Meter breiten, nord-südlich verlaufenden Streifen auszuweisen - westlich anschließend aber dann auch für eine Ortsrandeingrünung zu sorgen.

© SZ vom 12.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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