Von Emmering nach Texas - ein mächtiger Satz, selbst für den an gewaltige Sprünge gewöhnten Zehnkämpfer Florian Obst. Mit seinen konstant guten Leistungen hat er sich ein Stipendium an der A & M Universität in Commerce/Texas erkämpft. Mit 7081 Punkten ist Florian Obst amtierender südbayerischer Meister. Bei den Deutschen Meisterschaften in Kienbaum bei Berlin steigerte er sich kürzlich erneut, wurde mit persönlicher Bestleistung von 7109 Punkten Fünfter. Der wöchentliche Trainingsaufwand von etwa 20 Stunden lohnte sich.
Der Kontakt nach Übersee kam über eine Organisation zustande, die deutsche Sportler an amerikanische Universitäten vermittelt. Florian Obst konnte sich die Uni sogar unter 15 Antworten aussuchen. Die Qualität seines zukünftigen Leichtathletikteams war schließlich ausschlaggebend für seine Entscheidung. Bald kann er das ganze Jahr über im Freien trainieren, denn "das ist bei uns einfach nicht möglich". Unter diesen Voraussetzungen wäre eine weitere Leistungssteigerung durchaus möglich. Auch beruflich hat sich der 23-Jährige einiges vorgenommen. Mit dem "Master of Business Administration" will er in zwei Jahren das abgeschlossene Studium für Fahrzeugtechnik an der Münchner Fachhochschule in Richtung Betriebswirtschaft erweitern. Allein die Studiengebühren und die Unterbringung auf dem Campus würden ohne Stipendium 30 000 Euro pro Jahr kosten.
Körperliche Bewegung, das hat dem dunkelhaarigen, muskulösen Athleten schon von klein an Spaß gemacht. Mutter-Kind-Turnen, Wettrennen, Schlagball, Fünfkampf - als Junge ließ Florian Obst kaum eine Disziplin aus. Bis er schließlich die Altersgrenze von 16 Jahren für den Zehnkampf erreichte. Inzwischen ist er das Aushängeschild des Turnvereins Emmering (TVE). Neben den vereinseigenen Trainern wie Michael Daumann, Wolfgang Hehlen und Stefan Faltermeier kümmerte sich in den vergangenen zehn Jahren vor allem Sebastian Ronczka um ihn. "Ihm habe ich viel zu verdanken", sagt Obst anerkennend. Der Brucker war sein Haupttrainer bei den Lauf-, Sprung- und Wurfdisziplinen, er erstellte und koordinierte Trainingspläne und -abläufe, er war bei allen Wettkämpfen dabei. Ein Fulltimejob. Wenn es um Ausrüstung ging oder Fahrtkosten, konnte er immer mit der Unterstützung des TVE rechnen. Das ist auch notwendig, denn "ein Stab für den Hochsprung kostet 800, ein Speer über 1000 Euro und neue Spikes sind kaum unter 130 Euro zu haben", erzählt Obst. Seine Lieblingsdisziplin Stabhochsprung und den Hürdenlauf verbesserte er schließlich am Stützpunkt Gräfelfing.
Auch außerhalb des Leichtathletiktrainings ist Florian Obst immer in Bewegung, egal ob beim Radfahren, Bergsteigen, beim Skifahren oder auf Skitour. Er schindet sich offenbar gerne, kasteien aber will er sich nicht. Sein Rezept, um mit 88 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,86 Metern muskulös, aber nicht dick zu sein, lautet: "Keine Süßigkeiten, kein Fastfood, gelegentlich ein Bier mit Freunden". Sein persönliches Doping sind Siege. Sie verschaffen ihm einen gewissen Kick, sind einfach ein "guat's G'fühl", wie er sagt. Mit Niederlagen, die auch zu einem Sportlerleben gehören, kann er dennoch ganz gut umgehen, sie hauen ihn nicht um: "Dann waren die anderen halt an dem Tag besser".
Derzeit drängt sich natürlich die Frage nach den nächsten Olympischen Spielen in Tokio auf. Im Moment liegt die Qualifikationshürde für Zehnkämpfer bei 8200 Punkten. Das ist noch sehr weit weg, aber ganz ausschließen würde das der Emmeringer Athlet nicht: "Da hätt ' ich nix dagegen". Am 22. August wird er in seinen neuen Lebensabschnitt starten. Mit der Beschaulichkeit des oberbayerischen Heimatdorfes ist es dann erst mal vorbei. Nervös? "Noch nicht."