Emmering:Teure Betreuung

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Neues Emmeringer Angebot wird nicht angenommen

Von Ingrid Hügenell, Emmering

14 Wochen Ferien hat ein Schulkind pro Jahr, Eltern haben aber nur sechs Wochen Urlaub. In diesem Jahr haben viele den Urlaub schon aufgebraucht, als ihre Kinder wegen der Corona-Krise nicht in Schule oder Kindergarten gehen konnten, nun sind Sommerferien, und viele Familien beschäftigt die Frage, wie die Kinder betreut werden können. In Emmering erreichten den neu gewählten Bürgermeister Stefan Floerecke (CSU) nach eigener Aussage so viele Anfragen, dass er sich entschloss, heuer erstmals eine gemeindliche Ferienbetreuung für Schülerinnen und Schüler bis zur achten Klasse anzubieten. Die findet nun laut Homepage der Gemeinde doch nicht statt - es gibt zu wenig Anmeldungen. Mindestens sechs Kinder pro Tag hätten es sein müssen.

Ein Grund für das geringe Interesse der Eltern an dem Angebot könnte der Preis sein. 40 Euro soll die Betreuung von 8.30 bis 16 Uhr kosten - pro Tag. In Puchheim kostet das vergleichbare Angebot des Sozialdiensts Nachbarschaftshilfe 21,25 Euro pro Tag, in Fürstenfeldbruck bei der Ökumenischen Nachbarschaftshilfe 16 Euro. Die Kinder müssen jeweils eine eigene Brotzeit mitbringen. In Olching erhalten Kinder, die in der Mittags- und Hausaufgabenbetreuung des Sozialdienstes angemeldet sind, bis zu 30 Tage pro Jahr eine kostenlose Ferienbetreuung, für andere kostet das Angebot 9,50 Euro täglich. Sogar die Fußballcamps des SC Unterpfaffenhofen-Germering kommen günstiger als die Emmeringer Betreuung: Das fünftägige Camp kostet 160 Euro, das dreitägige 100. Darin enthalten sind neben Training und T-Shirt Mittagessen, Obst und Gemüse. Die Camps dauern von 9.30 bis 15.30 Uhr.

40 Euro pro Tag, das seien im Monat etwa 800 Euro, rechnet der Olchinger Karl-Heinz Theis vor. Der Vorsitzende des Kinderschutzbunds im Landkreis nennt das einen "Hammerbetrag", für viele sei das mehr als die Hälfte ihres Monatseinkommens. "Das schreckt die meisten ab, vor allem die, die es nötig haben." Geringverdiener und Alleinerziehende könnten so viel Geld nicht aufbringen. "Gerade diese Familien bräuchten aber ein Angebot, und den Kindern täte es auch gut", sagt Theis, der auch ehrenamtlicher Asylhelfer ist.

Der Emmeringer Bürgermeister Floerecke berichtet von zwei Rückmeldungen von Eltern, die ihm gesagt hätten, der Preis des Angebots sei einfach zu hoch, sie würden ihre Kinder deshalb nicht anmelden. Auch er selbst nennt die Betreuung "preislich überzogen", weist aber darauf hin, dass in Emmering die "Einkommensstruktur gehoben" sei. Den hohen Preis erklärt er damit, dass die Betreuung "sehr kurzfristig aus dem Boden gestampft" worden sei. Überdies werde ein Mittagessen angeboten und das Modell sei professionell und sehr flexibel - Eltern könnten einzelne Tage buchen, zwei müssten es aber mindestens sein. Hartz-IV-Empfänger und Asylbewerber, die Sozialleistungen bekommen, können über eine Stiftung die Kosten ersetzt bekommen. Für andere gebe es einen Sozialfonds. Das Angebot ist Floerecke zufolge im Ort bekannt, einen Hinweis darauf suchte man auf der Homepage beim Betreuungsangebot aber vergeblich. Im nächsten Jahr will er eine Bedarfsabfrage machen - und den Preis halbieren.

© SZ vom 31.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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