Emmering:In Sorge um Europa

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Amüsieren sich (v.r.): Reinhold Bocklet, Benjamin Miskowitsch, Katharina Plabst, Angelika Niebler, Katrin Staffler, Gabi Off-Nesselhauf, Martina Drechsler (Foto: Günther Reger)

Angelika Niebler, Landesvorsitzende der Frauen-Union, wirbt beim Neujahrsempfang dafür, unbedingt wählen zu gehen

Von Heike A. Batzer, Emmering

Den größten Bekanntheitsgrad haben die musikalisch vorgetragenen Silben "Djä-hü-ei-ho, Alperer, Alperer" durch die Well-Brüder erlangt. Es ist ihre Nummer mit den Alphörnern. Der Jesenwanger Viergesang hat den Jodler auch drauf, ohne die Hörner, versteht sich, aber durchaus hörenswert. Beim Neujahrsempfang der Kreis-Frauen-Union Sonntagmittag gibt der Viergesang die Nummer zum Besten und fordert dann beim nächsten Lied zum kollektiven Mitsingen auf. Die etwa 75 CSU-Frauen und -Männer im Emmeringer Bürgerhaus kommen dem Wunsch auch umgehend nach.

Angelika Niebler versucht sich, wie sie später lachend kund tut, ebenfalls an der Melodie, eine begnadete Sängerin ist sie eigenen Angaben zufolge nicht. Aber fürs Singen ist sie auch nicht eingeladen worden. Die Landesvorsitzende der Frauen-Union, die auch stellvertretende CSU-Parteivorsitzende und seit 20 Jahren Mitglied des Europäischen Parlaments ist, soll "Gedanken zum neuen Jahr" zum Besten geben. Angesichts der bevorstehenden Europawahl am 26. Mai erinnert die FU-Kreisvorsitzende Katharina Plabst in ihren Begrüßungsworten daran, dass der Frauenanteil im Bundestag 30,9 und im bayerischen Landtag 26,8 Prozent betrage, hingegen in Afghanistan fast ein Drittel der Parlamentssitze weiblich besetzt seien - "und wir schaffen das Drittel nicht". Als Volkspartei "brauchen wir mehr Frauen", fordert Plabst, aber "wir Frauen müssen auch bereit sein, uns politisch einzubringen".

Niebler lässt ihre Gedanken dann um das Wahljahr 2019 kreisen und wirbt schon fast flehentlich dafür, "bitte, bitte zur Wahl zu gehen!". Denn gegen Populisten und Klientelparteien komme es auf jede Stimme an. Die etablierten Parteien sind offenbar in Sorge. Europa sei nicht perfekt, räumt Niebler ein: "Wir müssen es weiterentwickeln, besser machen!" Immerhin aber sichere es seit 70 Jahren "Frieden, Freiheit, Wohlstand". Doch es seien "unruhige Zeiten" angebrochen, mit "gewaltigen Herausforderungen".

Viel Applaus erhält sie, als sie über Manfred Weber spricht und ihn als "heimatverbunden, verwurzelt, authentisch" bezeichnet. Der CSU-Politiker gehört seit 15 Jahren dem Europäischen Parlament an und möchte EU-Kommissionspräsident werden. Erstmals könne mit ihm ein Bayer die wichtigste Stelle in Europa erhalten - "eine historische Chance", sagt Niebler.

Niebler ist eine routinierte Rednerin, ihre Gedanken zu Europa kann sie aus dem Stegreif abrufen. Als "Powerfrau" mit "offener, herzlicher, erfrischender Art" hatte die Kreisvorsitzende Katharina Plabst die Referentin angekündigt. Niebler wird dem Bild, das da von ihr gezeichnet wurde, gerecht, sie lacht viel und die prominentesten Gäste im Auditorium, die CSU-Abgeordneten Katrin Staffler und Benjamin Miskowitsch, die stellvertretende Landrätin Martina Drechsler und den ehemaligen Landtagsvizepräsidenten Reinhold Bocklet, spricht sie - als ob sie Bestätigung für ihre Aussagen bekommen möchte - direkt vom Rednerpult herab an. In ihrer kurzen Abhandlung reißt sie Themen wie die Digitalisierung an, die notwendig mache, "in Bildung, Bildung, Bildung zu investieren". In Sachen Klima "haben wir Verantwortung für die Schöpfung", betont Niebler, den Briten sagt sie im Hinblick auf den Brexit, dass Europa "kein Supermarkt" sei, in dem man sich das Passende raussuchen könne. Das Thema Migration müsse man gemeinsam innerhalb Europas anpacken und "Afrika eine Perspektive geben". Und auch im Kampf gegen den Terror brauche es ein "ganz starkes Europa".

Am meisten Beifall bekommt sie, als sie EU-weite Ausschreibungen etwa für eine Schulkantine kritisiert: "Wer glaubt denn, dass wir die Anlieferung dafür aus Zypern oder Griechenland kriegen?" Nach eineinviertel Stunden schon geht es ans Buffet, Niebler verspricht, noch ein bisschen zu bleiben. Erst am Nachmittag muss sie in Seefeld im Landkreis Starnberg erneut zum Neujahrsempfang und über die EU sprechen.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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