Emmering:Empfindsame Klänge

Lesezeit: 2 min

"Arcis Saxophon Quartett" im Emmeringer Bürgerhaus

Von Klaus Mohr, Emmering

Das Instrument Saxofon verbinden die meisten Konzertbesucher nicht mit klassischer Musik, sondern mit dem Jazz. In der Tat ist der Jazz ohne Saxofone kaum zu denken, wohingegen das Saxofon im größten Teil der klassischen Musik keine Rolle spielt. Die Entstehung dieses Instruments um die Mitte des 19. Jahrhunderts findet sich zwar in der klassischen Musik. Dennoch sind die Kompositionen für Saxofon eher rar gesät, weshalb Bearbeitungen einen wesentlichen Teil des Repertoires ausmachen. Das gilt umso mehr für die Besetzung des Saxofonquartetts. Am Samstag gastierte bei den Emmeringer Bürgerhauskonzerten das "Arcis Saxophon Quartett", das seinen Namen von der Straße herleitet, an der die Münchner Musikhochschule ihr Stammhaus hat, und an der die vier Musiker studiert haben. Dem Ensemble gehören Claus Hierluksch (Sopransaxofon), Ricarda Fuss (Altsaxofon), Claudia Jope (Tenorsaxofon) und Jure Knez (Baritonsaxofon) an.

Das Programm wurde eröffnet mit den Sechs Bagatellen von György Ligeti, komponiert für die Besetzung des Bläserquintetts. Ein herausragender Vorzug des Arcis Saxophon Quartetts, nämlich die Homogenität und Kompaktheit von Tongebung und Klangvorstellung, wurde hier zum schmälernden Manko. Der Witz in Ligetis Bagatellen tritt insbesondere durch den unterschiedlichen Klangcharakter der Instrumente Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn plastisch hervor. Neckisch herausgearbeitet waren hier im ersten Stück die grellen Einwürfe, die dann wie ein punktgenaues Echo wieder zurückkamen und von pulsierender Begleitung gestützt waren. Ausbalancierte Spannungsverläufe, die den ganzen Tonumfang ausloteten, bildeten in sordiniertem Klang in der zweiten Bagatelle einen schönen Kontrast. Vitalität, die sich aus dem Dialog zwischen munteren Spielfiguren und weichen Kantilenen ergab, setzte in einer weiteren Bagatelle einen neuen Akzent.

Alexander Glazunows Quartett für vier Saxofone op. 109 folgte. Den Eingangssatz (Allegro) eröffnete eine choralartige Passage, aus der sich ein klar von der Oberstimme geführter Verlauf ergab. In diesem Satz wurde eine wunderbare Klangkultur, verbunden mit einer gut abgestimmten Atemführung hörbar. Dennoch behielt jeder Musiker seine Flexibilität, so dass die Musik keinen statischen, sondern einen beseelten Eindruck hinterließ. In der Canzone variée folgten auf das majestätisch intonierte Thema Variationen, die im Titel auch Komponistenkollegen als "Paten" nannten. Allerdings dienten diese Namen Glazunow mehr als Inspirationsquelle denn als Zitatgeber, wenngleich der Klang angesichts der Namen Schumann und Chopin deutlich von romantischer Fülle getragen war.

Die Tatsache, dass die Musiker bei den Alten ungarischen Tänzen von Ferenc Farkas nach der Pause auf Noten verzichteten, führte zu einer großen Unmittelbarkeit des Musizierens und einer zwischen den Musikern nuanciert abgestimmten Klangfarbe. Im ersten Stück spürte man den Geist der Renaissance. Im Gegensatz zu modernen Blechblasinstrumenten war der Klang nie ganz strahlend, sondern immer etwas belegt und damit sehr schön weich. Auf diese Weise gelang eine ganz eigene Klanglichkeit, die eine stimmige Brücke zwischen Alt und Neu herstellte. Kompositionen Johann Sebastian Bachs werden bevorzugt bearbeitet. Sein "Italienisches Konzert" war technisch souverän dargeboten und übertrug die Strukturen sehr transparent vom Tasteninstrument auf die Saxofone. Dennoch ging bei allem Einfühlungsvermögen insbesondere im Mittelsatz der filigrane und intime Klangcharakter des Originals teilweise verloren.

Am Ende dann neigte sich in fünf Ausschnitten aus George Gershwins "Porgy and Bess" der Stil dem Jazz zu. Effektvoll groovende Basics ergänzten die stets etwas spannungsgeladene Intonation in der Melodie, so dass dabei der überzeugendste Gesamteindruck an diesem Abend entstand. Eine Zugabe belohnte die Zuhörer am Ende für ihren reichen Applaus.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: