Eisenbahnfans:Das Handy stellt die Weichen

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Bei der Modellbahnausstellung in Germering reicht das Spektrum von der Holzlok bis zur digital gesteuerten Anlage. Hightech ersetzt aber nicht handwerkliches Geschick. Das zeigt sich am Nachbau des Bahnhofs von 1903

Von Stefan Salger, Germering

An langen Abenden hat Elmar Schulte zu Werkzeug, Pinseln und Baumaterial gegriffen. Und nach drei Monaten Arbeit am Feierabend war er fertig: der Bahnhof, wie er 1903 an der Bahnlinie Pasing-Herrsching eröffnet wurde. Schultes Werkstück, das in der Stadthalle zu sehen ist, stellt natürlich eine geschrumpfte Version dar. Aber es hat alles, was so ein Bahnhof eben braucht - neben der Wartehalle und dem Bahnsteig, auf dem ein paar Fahrgäste stehen, auch eine veritable Dampflok mit Waggons. Am Wochenende war dieses Stück Germeringer Geschichte erstmals ausgestellt. Mitglieder und Freunde der Modellbahngemeinschaft zeigten in der Stadthalle Bahnen in allen Variationen - von daumengroßen Loks mit Z-Spurbreite bis zur LGB-Gartenbahn. Zudem gab es Dampfmaschinen und alles rund um Modellbau und Steuerungstechnik.

Eine Dampflok muss dampfen. (Foto: Günther Reger)

Schulte gehört mit 41 Jahren zu den Youngstern des 19 Mitglieder zählenden Vereins, den 2015 sieben verschworene Modellbahnfreunde ins Leben gerufen hatten. Er ist selbständig in der Marketingbranche tätig und sitzt zwangsläufig viel am Computer. Und da ist eine handwerkliche Tätigkeit ein willkommener Ausgleich. Das Interesse an den kleinen Eisenbahnen hat er quasi von seinem Vater geerbt. Wie so oft, verlor er als Jugendlicher dieses Hobby zunächst wieder aus den Augen. Vor etwa sechs Jahren aber entdeckte Schulte erneut die Faszination von Märklin, Fleischmann und Co. Und diesmal gibt er sich nicht mit dem Betrieb zufrieden, diesmal nimmt er die Sache selbst in die Hand, baut selbst, greift zu Kunststoff, Holz, Kleber und Farbe. Den Bahnhof hat er nach alten Bildern detailgetreu wieder aufleben lassen, sogar die Rundungen der Dachgauben stimmen. Bei solchen Projekten müssen Planung und Organisation stimmen, das hat auch Schultes sechs Jahre alte Tochter längst gelernt, die manchmal mithilft. "Die interessiert sich und hat das Kunstgras aufgeklebt", erzählt Schulte. Da steht also schon die nächste Generation in den Startlöchern.

Ein Zug steht auf dem Bahnhof von Germering-Unterpfaffenhofen, den Elmar Schulte nachgebaut hat. (Foto: Günther Reger)

Nicht nur deshalb blickt der Vorsitzende der Modellbahn-Gemeinschaft, Bodo Pietsch, ziemlich entspannt und positiv in die Zukunft. Von wegen aussterbendes Hobby. Schon richtig, die Mehrheit der Kollegen ist jenseits der 60. Aber immer wieder interessieren sich auch Jüngere für dieses vielfältige Hobby. Dabei gibt es in Germering nicht ganz optimale Bedingungen. Es gibt keinen Platz, wo man die 15 Meter lange Vereinsanlage mit dem neuen Bahnhof, die am Wochenende natürlich aufgebaut worden ist, stehen lassen kann - deshalb verzichte man auch auf eine eigene Jugendgruppe.

Die fünfjährige Marleen kann sich für die Legoeisenbahn begeistern. (Foto: Günther Reger)

Deutlich wird bei einem Rundgang der Spagat zwischen Tradition und Hightech. Gesteuert wird mal ganz klassisch, mal aber auch per Computer oder sogar Handy. Auf einer Anlage fahren wie von unsichtbarer Hand gezogen, sogar kleine Lastwagen neben den Gleisen mit den Märklin-Loks. In den Fahrbahnen sind Fahrdrähte eingelassen, die den Fahrzeugen die Richtung weisen und sie mit Strom versorgen. "Technisch gibt es da fast keine Grenzen", sagt Pietsch, die Digitalisierung und die Miniaturisierung von Bauteilen eröffnen ungeahnte Möglichkeiten. Zum Standardprogramm gehören da fast schon Loks, aus deren Schornsteinen weißer Rauch steigt. Pietsch selbst hat 1957 als Fünfjähriger die erste Märklin-Starterpackung von der "Oma geschenkt bekommen. "Die habe ich heute noch." Er selbst sieht sich eher als Sammler und hat keinen Platz für eine eigene Anlage. Dann steht man neben Holz- und Legovarianten und stellt fest, dass es mit dem Alter offenbar ebenso ist wie bei den Spurbreiten: von Z bis LGB.

Offener Stammtisch der Modelleisenbahngemeinschaft jeden ersten Donnerstag im Monat (außer Feiertag), 19.15 Uhr, "Zum Sportwirt", Alfons-Baumann-Straße 7, Germering.

© SZ vom 19.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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