Eine Frage der Menschenwürde:Heikel und humorvoll

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Fünf Charaktere, fünf Weltsichten. Unter diesen Voraussetzungen lässt es sich vorzüglich streiten. (Foto: Günther Reger)

Gelungene Inszenierung von "Jeder rettet einen Afrikaner" des TiG Theaters

Im vergangenen Jahr wurde Ingrid Lausund mit dem Deutschen Menschenrechtsfilmpreis in der Kategorie Bildung ausgezeichnet. Den Preis erhielt die in Berlin lebende Dramatikerin jedoch nicht für ihr Bühnenwerk, sondern für eine Folge der Fernsehserie "Der Tatortreiniger". "Darf man in Fragen der Menschenrechte und der Menschenwürde lachen?", fragten die Preisverleiher in ihrer Begründung. In diesem Fall war sich die Jury einig: Man darf.

Mit Humor ist Lausund schon an einige heikle Themen herangegangen. Ihre Theatertexte eint eine bissig-realistische Sicht auf die Welt, immer etwas überspitzt, aber nie so sehr, dass man sich nicht selbst irgendwo darin wiederfinden könnte. "Benefiz - Jeder rettet einen Afrikaner", ein Stück, das vor zehn Jahren uraufgeführt wurde, ist dabei keine Ausnahme. Es begleitet fünf Schauspieler bei der Probe für eine Wohltätigkeitsveranstaltung für ein Schulprojekt in Afrika . Aus ihren Diskussionen entspinnen sich grundlegende Fragen über das menschliche Miteinander.

Mit diesen Überlegungen hat sich auch Regisseur Thomas Eggart für seine Inszenierung der Satire auseinandergesetzt. Derzeit zeigt das Theater TiG Lausunds Stück im Bürgerhaus Gröbenzell. Die fünf Darsteller stehen in ihren Rollen für fünf mögliche Sichtweisen, die man auf die Themen Wohltätigkeit und Entwicklungshilfe haben kann. Da ist die naiv auftretende Weltverbesserin Eva (Monika Sailer), die in ihrer ausgeprägten politischen Korrektheit in quasi jeder Äußerung der anderen einen Verstoß gegen die Menschenwürde wittert. Ihr gegenüber platziert sich der Skeptiker Rainer (Barthl Sailer), dem jenes Gutmenschentum, das jede Kritik abblockt, zuwider ist. Irgendwo in der Mitte befindet sich Leo (Günther Bülig), der gar nicht so viel denken, sondern in erster Linie Spaß an der Verwirklichung des Spendenprojekts haben will.

Barthl Sailer dominiert mit seinen entrüsteten Monologen so manche Szene, seine Empörung ist ebenso überzeugend wie sein Unverständnis für die Reaktionen der anderen. Neben der ruhmhungrigen Christine, in ihrer Selbstbezogenheit prägnant dargestellt von Heike Maltan, ist Sailers Rainer die dominanteste Figur in dem Stück. Als Barbara, eine auf Nächstenliebe pochende Christin, bleibt Jutta Hatzold zunächst im Hintergrund. Einen starken Moment hat sie jedoch in ihrer an das Publikum gerichteten Ansprache, in der sie den Egoismus der sogenannten westlichen Welt anprangert.

Es passiert vieles auf dieser Bühne, erst tönen Dialogfetzen von allen Seiten, dann folgen intime Zwiegespräche über leidende Kinder in einer stillen Ecke. Mal ist man mit einem religiös übersteigerten Spendenaufruf konfrontiert, dann mit der nüchtern gestellten Frage, wie sich der Kauf eines Cocktails rechtfertigen lässt, wenn man für dasselbe Geld ein Menschenleben retten könnte. Man muss viel lachen, weil manches so absurd und anderes einfach lustig ist. Doch bei aller Zerstreuung versäumt es die Inszenierung nicht, die Ernsthaftigkeit des Themas am Leben zu halten. Den Jungen, der auf Wellpappe schläft und von Essen träumt, gibt es wirklich, ebenso wie die Kinderprostituierte oder das Mädchen ohne Arme. Dennoch darf man in Fragen der Menschenrechte und Menschenwürde lachen. Denn wenn das Lachen verstummt, wird einem unweigerlich klar, dass hinter dem Witz bitterer Ernst steckt.

Benefiz - Jeder rettet einen Afrikaner, Theater TiG, weitere Termine: 22., 23., 24., 28., 29., 30. und 31. März, im Bürgerhaus Gröbenzell. Karten unter 08142/4219905

© SZ vom 18.03.2019 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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