Ein Grüner und aus Gröbenzell:Brucker Inklusion

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Am liebsten wäre es Klaus Quinten (li.), wenn Klaus Pleil (Mi.) wieder gesund geworden wäre. Für ihn ist Martin Runge (r.) ein geeigneter Nachfolger. (Foto: Günther Reger)

Mit großer Mehrheit spricht sich die BBV erstmals für einen Kandidaten aus, der einer anderen Partei angehört und nicht in der Stadt wohnt: Martin Runge. Der sagt der CSU den Kampf an

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Mit deutlicher Mehrheit hat die Brucker Bürgervereinigung (BBV) erstmals einen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl nominiert, der einer anderen Partei angehört und nicht in der Stadt wohnt: 51 der 54 stimmberechtigten Mitglieder votierten am Donnerstag bei der Aufstellungsversammlung für den Gröbenzeller Martin Runge als Kandidat "von Brucker Bürgervereinigung und Grünen", bei zwei Enthaltungen und einer Gegenstimme. Runge bekundete angesichts des "fast schon sozialistischen Ergebnisses" seine Bereitschaft, sich mit aller Kraft für die Fortführung von Klaus Pleils politischem Werk einzusetzen und der favorisierten CSU die Vorherrschaft streitig zu machen. Gleichwohl nahm er die BBV-Mitglieder in die Pflicht, ihn beim Wahlkampf zu unterstützen: "Ich brauche eure Hilfe".

Unter den nicht stimmberechtigten Gästen im Gasthof Post waren neben dem Liberalen Klaus Wollenberg auch Karin Geißler, Christian Stangl sowie Jan Halbauer von den Grünen, die am Freitagabend ebenfalls Martin Runge auf ihrer Nominierungsversammlung erwarten.

Der frühere Grünen-Fraktionschef im Landtag und aktuelle Zweite Bürgermeister von Gröbenzell weiß, dass er möglichst viele Unterstützer finden muss. Die größte Hürde könnte das Erreichen der wahrscheinlich erforderlichen Stichwahl werden. Klaus Pleil hatte 2014 bewiesen, dass sich dann ein Rückstand im ersten Wahlgang noch in einen klaren Sieg umdrehen lässt. Runge weiß aber auch, dass sein größter Malus ist, dass er nicht aus Fürstenfeldbruck kommt. BBV-Mitglieder fragten denn auch sehr genau nach, ob er bereit sei, sowohl im Wahlkampf als auch im Erfolgsfall seinen Lebensmittelpunkt nach Fürstenfeldbruck zu verlegen. Runge, der am Dienstag seinen 59. Geburtstag gefeiert hat, kündigte an, sich zunächst bei Klaus Quinten an der Pucher Straße einzumieten. Schon deshalb, weil die intensive Pendelei von Gröbenzell nach Fürstenfeldbruck per Fahrrad, Bus oder Bahn schwierig wäre - Runge lebt konsequent nicht nur ohne Mobiltelefon, sondern auch ohne Auto. Sollte er zum OB gewählt werden, dann könne er sich auch vorstellen, ein viertes Mal im Leben ein neues Haus zu bauen, dann eben in Bruck.

In seinem Vortrag gewährte Runge einige seltene Einblicke in sein Privatleben. Er hat vier mittlerweile erwachsene Kinder, drei Töchter und einen Sohn. Die älteste Tochter machte den passionierten Tischtennisspieler und Zweiten Vorsitzenden der Gröbenzeller Handballer jüngst zum Großvater. Und ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit hat die Familie Runges 102 Jahre alten, pflegebedürftigen Vater aufgenommen. Mit Blick auf sein eigenes Alter versprach Runge, sich als Oberbürgermeister aktiv um den Aufbau eines geeigneten Nachfolgers zu kümmern.

Für viele der BBV-"Altvorderen" ist Martin Runge mehr als nur ein guter Bekannter. Im Kreistag sind die Interessen oft deckungsgleich. Runge besuchte zudem regelmäßig BBV-Feste und spielte im BBV-Fußballteam mit (das aus gerontologischen Gründen aber aufgelöst wurde). Auf Runge waren Grüne und BBV nahezu zeitgleich zugegangen. Es sei nicht sein Vorschlag gewesen, so BBV-Chef Klaus Quinten, aber es habe sich schnell "als grandiose Idee" entpuppt. Der Gröbenzeller Politiker sei jemand, der sich nicht verbiege, ein "akribischer Arbeiter" und vor allem auch jemand, der trotz anderslautender Unkenrufe einen sehr starken Bezug zu Fürstenfeldbruck habe. Ein Selbstläufer werde aber auch das nicht, warnte Quinten, der mit Blick auf den aus gesundheitlichen Gründen abgetretenen Klaus Pleil einräumte, eigentlich wenig Lust zu haben, einen Nachfolger für den erfolgreichen BBV-OB zu suchen und für diesen Wahlkampf zu machen.

Martin Runge machte in einer teils launigen Rede klar, dass er sehr wohl einen ambitionierten Wahlkampf zu machen gedenkt und auf tatkräftige Unterstützung zählt. Zwar stehen die Chancen gut, dass er im Herbst in den Landtag nachrücken könnte. Der Job des Brucker Oberbürgermeisters biete aber mehr Gestaltungsspielraum und sei die größere Herausforderung. Durchaus fachkundig äußerte sich Runge über die Schwerpunkte, die er setzen will und die er auch mithilfe eines Netzwerks beackern möchte, das hineinreicht bis in Uni, Eisenbahngesellschaft und Regierungsstellen: Fliegerhorst-Konversion, Flüchtlingsunterbringung, S-4-Ausbau, Schaffung von Wohnraum, Verkehrsentlastung des Zentrums, Lichtspielhaus, Vereinsförderung und Sparkassen-Fusion.

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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