Eigene Versorgung:Die Leitung über den Deichensteg

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Die Wasserleitung wurde über den Deichensteg über die Amper geführt. 1879 kam eine Fußgängerbrücke hinzu. 1950 wurde der Steg abgerissen. (Foto: Stadtarchiv FFB)

Bevor die Stadt eine richtige Wasserversorgung hat, holen sich die Brucker Brauereien Quellwasser vom Münchner Berg

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Bier ist gesünder als Wasser. Diese Devise galt lange Zeit in Fürstenfeldbruck. Bis 1900 starb in manchen Jahren jeder zweite Säugling, viele an Infektionen und Parasiten. Die Kinder hatten sich mit gefährlichen Keimen angesteckt, weil ihre Mütter den Mehlbrei, mit dem sie sie fütterten, mit Wasser aus der Amper anrühren mussten. Die Brauereien verwendeten dagegen schon seit 1799 frisches Wasser aus Quellen vom Münchner Berg, dem Gelände oberhalb der Weiher an der Pfaffinger Straße. Das kostbare Nass wurde durch eine eigene Leitung entlang einer Chaussee, der heutigen Münchner Straße, bis zum Abzweig nach Emmering transportiert, wo die Rohre die Amper am sogenannten Deichensteg überquerten.

Prior Robert Sedlmayr und "die gesamte bürgerliche Bräuschaft zu Markte Prugg" unterzeichneten am 18. Juni 1799 einen Vertrag, wonach die Brauereien fünf Quellen anzapfen und eine Leitung über die Ländereien des Klosters bauen durften. Zwei Tage später schlossen fünf Brauer eine Abmachung "unwiderruflich auf ewige Zeiten" mit dem Posthalter Ludwig Weiß, weil die Leitung auch über dessen Wiesen verlief. Die Mönche forderten als Gegenleistung zehn Gulden im Jahr und ließen das Klosterrichterhaus in Bruck anschließen. Der Posthalter bekam ebenfalls einen Abzweig und durfte als "bürgerlicher Weingastgeber" daraus für seine Wirtschaft "vier Mass pro Minute" abzapfen.

Um 1850 erwogen die Braumeister, einen Turm als Wasserreservoir zu errichten, um eine gleichmäßigere Versorgung zu sichern. Daraus wurde nichts, aber dafür verhandelten die Geschäftsleute mit der Marktgemeinde, die am Deichensteg eine öffentliche Überführung anlegen wollte. Beim Notar wurde am 4. Juli 1879 festgelegt, dass die Kommune eine Fußgängerbrücke bauen durfte. Der Markt ließ eine Holzkonstruktion errichten, die 1903 von einer Augsburger Firma durch ein eisernes Modell ersetzt wurde.

In den folgenden Jahrzehnten gab es zunehmend Reibereien, weil die private Wasserleitung zum Teil unter öffentlichen Straßen lag. 1934 wandte sich das Wasserwerk an Julie Mayr, die Inhaberin des Marthabräu, und forderte eine Überprüfung, ob die Anlage den neuesten technischen und gesetzlichen Vorgaben entspreche.

Die Anwälte von Mayr pochten auf die alten Verträge, die bei allen Fragen ein Einvernehmen vorsahen. Das Wasserwerk gab nach, man wolle lediglich, dass das Straßenpflaster nach Reparaturen an der Leitung wieder hergerichtet werde. Zu diesem Zeitpunkt waren neben dem Hotel Post und dem Marthabräu noch das Forstamt, eine Metzgerei und zwei Wirtschaften an das kleine private Wassernetz angeschlossen. Bruck selbst hatte längst ein öffentliches Leitungsnetz. Es war nach langen Diskussionen und Planungen in den Jahren zwischen 1860 und 1890 gebaut worden, noch vor der Kanalisation.

Wann die Brauereileitung abgestellt wurde, lässt sich aus den Akten im Stadtarchiv nicht genau ersehen. Als der Deichensteg im Jahr 1950 abgerissen wurde, war sie jedenfalls nicht mehr in Betrieb. Von den drei Brauereien, deren Besitzer den Notarvertrag von 1879 unterzeichneten, war zu diesem Zeitpunkt nur das Marthabräu übrig geblieben.

© SZ vom 30.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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