Egenhofen:Tödliches Ende einer Feier

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In einer Gastarbeiterunterkunft kommt es zu einer Prügelei zwischen drei Männern, einer von ihnen stirbt. Die beiden anderen müssen sich nun vor dem Landgericht verantworten.

Von Florian J. Haamann, Egenhofen

Eine Party im Gastarbeiterhaus, zu viel Alkohol, ein paar dumme Bemerkungen, eine lange Prügelei, ein Toter. So lässt sich der Abend des 13. Mai in einer Unterkunft in Wenigmünchen beschreiben, über den nun vor dem Münchner Landgericht verhandelt wird. Zwei Männer sitzen auf der Anklagebank, ein 43-jähriger Familienvater, der sich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge verantworten muss, und ein 36-Jähriger, der wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge und versuchtem Totschlag durch Unterlassung angeklagt ist.

Laut Anklageschrift sind die beiden mutmaßlichen Täter, das Opfer und zwei Zeugen an besagtem Abend gemeinsam in der Küche ihrer Unterkunft gesessen. Der 43-Jährige trank aus einer Tasse, auf der Fotos seiner Frau und der beiden gemeinsamen Töchter gedruckt waren. Das Opfer provozierte den Mann mit der Aussage, dass die Tochter wohl nicht vom Angeklagten abstamme und dass die Frau sehr hübsch sei und er sie "flachlegen" wolle. Der Angeklagte soll ihm daraufhin erklärt haben, dass er solche Aussagen besser unterlasse. Stattdessen legte das spätere Opfer noch nach: Er meine es ernst. Daraufhin schlug der Angeklagte dem Mann ins Gesicht und verließ den Raum. Das spätere Opfer soll dem 43-Jährigen gefolgt sein und gedroht haben, ihn umzubringen.

Nun kam der zweite Angeklagte hinzu, es entwickelte sich eine heftige Prügelei, mit Tritten und Schlägen ins Gesicht des Opfers, das dabei die letztlich zum Tode führende Hirnschwellung erlitt. Zuvor jedoch gelang es dem Mann, in ein Gebüsch vor der Unterkunft zu flüchten, wo ihn ein anderer Bewohner etwa eine halbe Stunde

später fand. Gemeinsam mit dem zu Hilfe gerufenen 36-Jährigen schaffte dieser das Opfer zurück ins Haus, wo der Mann kurze Zeit später verstarb. Ein Notarzt wurde vom zweiten Angeklagten nicht gerufen, obwohl er von den schweren Verletzungen des Opfers wissen konnte.

Am Mittwoch, dem ersten Prozesstag, ging es erst einmal darum, die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten zu klären. Allerdings wurde die Verhandlung bereits nach zwei Stunden unterbrochen, weil als Folge eines Stromausfalls am Dienstag die Sicherheit im Gebäude nicht mehr gewährleistet werden konnte.

Der 43-Jährige ließ von seiner Anwältin eine Erklärung verlesen. Es sei ihm wichtig zu sagen, dass er in keiner Weise gewalttätig sei und so etwas noch nie gemacht habe und dass er normalerweise gut mit allen Menschen auskomme. Der Vorfall tue ihm unendlich leid, und er wolle sein Beileid gegenüber der Familie des Opfers ausdrücken. Dessen Ehefrau, die dem Prozess als Nebenklägerin beiwohnt, folgte den Ausführungen unter Tränen.

Der Angeklagte äußerte sich zudem zu seinen rechtsradikalen Tätowierungen. Diese seien Jugendsünden aus der Militärzeit, für die er sich sehr schäme. Damals sei die Stimmung in der ungarischen Minderheit in der Slowakei sehr nationalistisch gewesen, weil man sich von der Regierung schlecht behandelt gefühlt habe. Nach seiner Erklärung beantwortete er ausführlich die Fragen des Vorsitzenden Richters.

Nach dem Militärdienst habe er in seinem Beruf als Tischler gearbeitet, als Nachtwächter, Tankstellenwart und Tierzüchter, bevor er im April 2017 nach Deutschland gekommen sei. Für eine Firma in Starnberg schnitt er Stahlbetonteile für den Transport zur Baustelle zurecht - eine harte körperliche Arbeit, die mit etwa 1400 Euro netto, abzüglich 200 Euro für die Unterkunft, entlohnt wurde. Was übrig blieb, bekam die Familie zu Hause.

Peinlich genau befragte ihn der Richter nach seinen "Genussmittelgewohnheiten". Das erste Mal betrunken gewesen sei er mit 17, damals habe er angefangen zu rauchen, vor zehn Jahren aber wieder damit aufgehört. Alkohol trinke er regelmäßig, oft ein oder zwei Feierabendbiere, aber nicht täglich. Am Wochenende sei es dann schon mal mehr. Vielleicht ein, zwei Mal im Monat trinke er auf einer Party auch mal fünf oder sechs Halbe und dazu Schnaps, Wodka oder Obstler. Wie viel genau, könne er nicht sagen.

Auch der zweite Angeklagte kündigte eine Stellungnahme an, diese wird allerdings frühestens am nächsten Prozesstag verlesen. Wann die Verhandlung fortgesetzt wird, ist noch nicht klar.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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