Egenhofen:Jenseits der Romantik

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Albert Aumüller (links) führt Mitglieder der IHK durch das Sägewerk der Mühle in Egenhofen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei einem Rundgang durch die historische Furthmühle äußern sich Unternehmer kritisch über die einstigen Arbeitsbedingungen

Von Gerhard Eisenkolb, Egenhofen

Wer mit Firmeninhabern und Führungskräften aus der Wirtschaft, wie sie im Industrie- und Handelskammergremium für die beiden Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau vertreten sind, an einer Führung durch das Mühlenmuseum der Furthmühle bei Egenhofen teilnimmt, hat anschließend noch mehr Respekt vor der harten Arbeit des Müllers und seiner Vorfahren. Jeder betrachtet die Dinge ja auch aus seiner speziellen Perspektive. Und Geschäftsleute und Manager sind nun mal gezwungenermaßen eher keine Romantiker, sondern rational handelnde Menschen, die sich nicht so schnell vom schönen Schein blenden lassen, sondern nach objektiven, am wirtschaftlichen Erfolg orientierten Kriterien urteilen.

Firmenchefs haben strengere Maßstäbe als andere. Das bewahrt sie trotz aller Begeisterung für die auf vier Stockwerke verteilten, von Riemen angetriebenen Mahlwerke und Siebe der Mühle aus der Zeit der Romantik davor, dem Schein einer damals heilen Welt zu erliegen. Diese erscheint unter ihren kritischen Augen alles andere als heil. Albert Aumüller, der das rund hundert Jahre alte Wunderwerk der Technik am Laufen hält, gesteht ja sowieso bei jeder Gelegenheit, dass er ein Idealist ist. So merkt denn auch einer der Gäste trocken an, als über die Nachhaltigkeit der Mühle gesprochen wird, wenn jemand heute auf eine ähnliche Weise arbeiten würde, käme er sofort ins Gefängnis.

Auch die damaligen Arbeitszeiten sind nicht mal mehr für Firmenchefs vorbildlich. Bis zu 19 Müller und Knechte schufteten in der Furthmühle. Sie schleppten nicht nur bis zu 150 Kilogramm schwere Mehlsäcke, sondern hatten Arbeitstage, die in der Regel mindestens zwölf Stunden dauerten. War es nötig, lief die Mühle Tag und Nacht. Die Müller und Knechte schliefen bis aufs Wochenende sowieso zu viert in Kammern in dem stattlichen, fast 200 Jahre alten Mühlengebäude, nur wenige Schritte vom Arbeitsplatz entfernt, auf Strohsäcken. Da steht man heutzutage bei der längeren Fahrt zum Arbeitsplatz doch lieber im Stau.

Im Winter war es in der unbeheizten Schlafkammer zudem so kalt, dass sich in der Waschschüssel Eis bildete. In Zeiten, in denen Bauern in der "Umtauschmüllerei" Getreide gegen Mehl tauschten, war an so etwas wie einen Mindestlohn nicht im Traum zu denken. Auch darauf wird hingewiesen. Trotz aller Mühlenromantik hat Albert Aumüller die Gegenwart längst eingeholt. Seine Berufsbezeichnung lautet nun "Vermahlungstechnologe", und der verbringt die meiste Zeit im Labor. Bereits seit drei Jahren kann Aumüller aus Hygienegründen sein Mehl nicht mehr verkaufen. Er lässt anderswo mahlen und muss sich mit Schaumahlen begnügen.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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