Dienstpflicht-Diskussion:Helfer im Zwiespalt

Lesezeit: 2 min

Ein verpflichtendes Dienstjahr für junge Menschen befürworten soziale Organisationen im Landkreis. Andererseits sehen sie darin kein Mittel, den Personalmangel in Pflegeberufen zu beheben

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Dem Vorschlag eines "verpflichtenden Gesellschaftsjahres" stehen die sozialen Einrichtungen im Landkreis zwiegespalten gegenüber. Zwar sagen die Vertreter der Organisationen ganz klar, dass in sozialen Berufen jede helfende Hand gebraucht wird. Einige kritisieren aber auch, dass das soziale Engagement junger Menschen nun mit Zwang eingefordert werden soll. Zuletzt hatte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die Debatte um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht angestoßen. Die Junge Union forderte daraufhin ein "verpflichtendes Gesellschaftsjahr", das es jungen Schulabsolventen erlaubt, zwischen Wehrdienst und sozialem Dienst zu entscheiden.

Laut BRK-Kreisgeschäftsführer Rainer Bertram sind die Zahlen derer, die sich auf Zeit in sozialen Berufen engagieren, mit Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes vor sieben Jahren drastisch gesunken. Diejenigen, die sich nach der Schule für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder den Bundesfreiwilligendienst (BFD) entscheiden, machen laut Bertram stellenmäßig ein Drittel der ehemaligen Zivildienstleistenden aus. "Für uns als Hilfsdienst hat es einen erheblichen Einbruch an helfenden Händen gegeben", sagt er. FSJ und BFD würden außerdem weniger Planungssicherheit als der frühere Zivildienst bieten. Die freiwilligen Vereinbarungen können kurzfristig beendet werden. Es fehlen kurzfristig Helfer, für die nicht rechtzeitig Ersatz gefunden werden kann. Vor diesem Hintergrund würde eine Dienstpflicht eine Erleichterung bringen. Beim BRK laufe es zwar auch ohne diese gut, Bertram seien aber einige Dienste im Landkreis bekannt, die mit den Freiwilligen schlechte Erfahrungen gemacht hätten und die Stellen nicht mehr anbieten würden.

Zu denen, die schlechte Erfahrungen gemacht haben, gehört der AWO-Kreisverband Fürstenfeldbruck. Dirk Werner, Assistent der Geschäftsführung, erklärt, dass man vor allem mit der Organisation des Dienstes nicht glücklich gewesen sei. Werner spricht von mehreren Fortbildungsblöcken, während derer die Freiwilligen häufig gefehlt hätten, und davon, dass die Fortbildungsmaßnahmen nicht gut mit der Arbeitspraxis abgestimmt gewesen seien. "Wir haben dann gesagt, dass es in der Form einfach keinen Sinn mehr macht", erklärt er. Besser lief es hingegen mit den Zivildienstleistenden. Werner spricht sich auch deshalb für die Wiedereinführung einer Dienstpflicht aus. "So lange die Leute entscheiden können, was sie machen wollen, finde ich es okay", sagt er. Man müsse aber sehen, wie der Vorschlag der CDU weiter ausgearbeitet werde.

Ähnlich sieht das der Malteser-Kreisbeauftragte Georg Graf von Hundt zu Lautterbach. "Ich denke, dass man über eine Verpflichtung durchaus nachdenken kann und dass das auch für die charakterliche Bildung gut wäre", sagt er. Er ist aber ebenso der Meinung, dass man darüber nachdenken könne, die Freiwilligendienste attraktiver zu gestalten und mehr zu bewerben. Ein Punkt, der auch für BRK-Kreisgeschäftsführer Bertram wichtig wäre. "Für mich steht die Freiwilligkeit an erster Stelle", sagt er.

Wie seine Kollegen wägt auch Thilo Wimmer, Leiter der Caritas-Kontaktstelle für Menschen mit Behinderung, seine Einschätzung genau ab. Er habe mit dem Zivildienst gute Erfahrungen gemacht. "Die Schulabgänger haben während dieser Zeit viel an Reife und Sozialkompetenz gewinnen können. Sie haben ganz viel mitnehmen können für ihre berufliche Laufbahn, egal ob sie im sozialen Bereich geblieben sind oder nicht", sagt er. Fest steht aber auch, dass man gerade im sozialen Bereich niemanden brauchen könne, der keine Lust auf den Job habe. Und dann mahnt Wimmer auch ganz entschieden davor, ein "verpflichtendes Gesellschaftsjahr als "Rettung für die sozialen Berufe" zu betrachten. Die Dienstpflicht dürfe nicht als Mittel verstanden werden, den Personalmangel zu bekämpfen. "Das fände ich schwierig", so Wimmer.

© SZ vom 08.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: