Die Alternativen zu den Freibädern:Abgetaucht

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Natürliche Liegewiesen und Strände am Ufer spielen ihre Reize aus. Punkte sammeln der Kiosk in Olching und das klare Wasser in Emmering. Spitzt man die Ohren, gibt es Meeresrauschen als Dreingabe

Von Stefan Salger

Also nein, bitteschön! Anlass zu Kritik sieht man nicht auf der Bank am Rande des Olchinger Sees. Ist doch alles bestens: Keine Wolke am Himmel, angenehme Temperaturen. Und genügend Freundinnen für einen netten Plausch über Gott und die Welt. Und da fragt dieser radelnde Reporter nach offenen Wünschen. Elisa Menzel und Ingeborg Stöcker sitzen gemeinsam mit ihrer Freundin Ina im Halbschatten und schütteln den Kopf. Während sie das rege Treiben am Ufer und auf der übervölkerten blauen Badeinsel ein paar Meter vom Holzsteg entfernt beobachten, erläutern sie, warum sie so zufrieden sind mit dem Olchinger See. Mit ihrem Olchinger See.

Ähnliches gilt übrigens für viele der anderen Gewässer - die Rundfahrt am Donnerstag ergibt ein durchweg positives Bild. Die Bürger im Landkreis sind in Sommerfrischlerstimmung und wissen, was sie an ihren Seen haben. Fast überall sind die kurz gemähten und gepflegten Liegewiesen in dieser ersten Ferienwoche bereits am Nachmittag gut belegt. Gleiches gilt für den kleinen Sandstrand am Pucher Meer. Die obligatorischen aufblasbaren weißen Einhörner beäugen Sonnenschirme, die hoch stehen wie der Mais auf dem Feld nebenan. In der Luft liegt ein leichter Hauch von Sonnencreme. Und im Hintergrund ist ein leichtes Meeresrauschen zu vernehmen. Dazu später mehr.

Und rein ins Vergnügen: Was gibt es Schöneres, als seinen Ferien- oder Urlaubstag bei tropischen Temperaturen am oder besser noch im See zu verbringen, so wie diese drei Buben in Eichenau? (Foto: Johannes Simon)

Jetzt haben aber erst mal die drei Damen auf der grünen Bank das Wort. Die sind aus Olching sowie aus den Nachbarorten Gröbenzell und Eichenau herübergeradelt ("das machen wir auch bei schlechtem Wetter"), um zwischen 16 und 17 Uhr diesen täglichen "Pflichttermin" im Sommer wahrzunehmen. Das mit der Pflicht ist natürlich Spaß. Die drei Damen möchten auf die gemeinsamen Besuche am See nicht verzichten. Teilweise kennen sie die Örtlichkeit schon seit den Sechzigerjahren. Natürlich sei es damals hier noch beschaulicher zugegangen. Aber dass mittlerweile viel mehr Kinder und Familien herkommen, sei ja eine schöne Sache. Den hölzernen Kiosk gab es damals noch nicht. "Sie sollten aber unbedingt schreiben, dass die beiden Betreiber des Kiosks sehr, sehr gut sind", sagt Ingeborg Stöcker und schiebt die Sonnenbrille kurz etwas vor auf die Nase. "Ja, die zwei Männer sind sehr, sehr nett", pflichtet Elisa Menzel bei. Tollen Kaffee und selbst gebackenen Kuchen gibt's dort. Das gehört schließlich dazu, um aus schönen Stunden am See sehr schöne Stunden am See zu machen.

Das Wasser sei dieses Jahr "überraschend sauber", sagen die Damen mit Blick auf die einst an der Oberfläche treibenden Schlammfladen, über die sich in den zurückliegenden Jahren einige Besucher beschwert hatten. Dem Reporter, der sich fast schon wieder aufs Fahrrad geschwungen hat, diktiert das Trio am Ende doch noch zwei kleine Wünsche in den Block: Vielleicht könnte man noch ein paar Sitzbänke mehr aufstellen. Und eine zweite künstliche Badeinsel wäre für die Kinder natürlich toll.

Blessing aus Nigeria hört am Emmeringer See gerne Rap. (Foto: Stefan Salger)

Immerhin also ein paar Verbesserungsvorschläge. Dabei freilich bleibt es an diesem Nachmittag. Blessing kann nämlich gar nicht mit Kritik dienen. Emmeringer See? Cool! Das Wasser? Glasklar, toll! Die Leute? Nett! Der Strand? Hm. Hm? Ein ganz klein wenig zögert der 28 Jahre alte Nigerianer, der seit drei Wochen drüben in der Asyl-Unterkunft am Fliegerhorst lebt. Er grübelt kurz. Von der Provinzhauptstadt Benin-Stadt müsste man erst mal 60 Kilometer nach Ogidigbe oder Oke fahren. Dort gibt es ansehnliche Sandstrände. Weil er hier in Deutschland aber auf gar keinen Fall unhöflich erscheinen will, besinnt er sich darauf, dass sein Wohnort in der Region Edo State gar keinen Meereszugang hat. Ergo gewinnt Emmering den Vergleich: "Der Strand hier ist sehr schön." Macht ja nichts, dass man mühelos ans andere Ufer sehen kann. Blessing ist mit seiner Familie nach Bruck gekommen. Von den Badeunfällen hat er natürlich gehört - "aber ich kann gut schwimmen". Noch wärmt er sich auf im Halbschatten, bei nigerianischer Rap-Musik. Wenn er den Lagerkoller bekommt und ihn andere Mitbewohner nerven, kommt Blessing her. Gut, dass Sommer ist, denn mit Schlittschuhlaufen hat es der 28-Jährige nicht so.

Peter Müller auch nicht. Der planscht mit seiner eineinhalb Jahre alten Tochter Tamara am flachen Kiesufer des Ampersees. Der ist ein Geheimtipp. Nur wer sich gut auskennt und den Weg am Gut Graßlfing vorbei kennt, findet hierher. Nicht weit entfernt ragen die hohen Schornsteine der Müllverbrennungsanlage in den Himmel. Und doch ist dieses Gewässer ein Naturidyll. Ringsherum ist es relativ dicht bewaldet. Wer es sich auf den schmalen Liegewiesen gemütlich machen will, muss entweder zwei Euro bezahlen oder vom Campingplatz nebenan kommen. Müller hat dort sein Zelt aufgeschlagen, ist auf der Durchreise. Er kommt aus Ulm und fährt in ein paar Tagen weiter. Ein Meer brauche man doch nicht, wenn man "so einen See vor der Haustür" habe.

Die drei Freundinnen am Olchinger See lassen es ganz gerne etwas ruhiger angehen. (Foto: Slg/oh)

Stimmt. Zumal dieser See ebenso wie jener in Emmering wie ein See aussieht, aber nach mehr klingt. Hier ist es die Autobahn, dort die Bundesstraße 471. Schließt man die Augen, verflüchtigen sich Autos und Lastwagen. Es bleibt ein beruhigendes Meeresrauschen.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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