Dank Diakonischem Werk:Ersatz für die Großfamilie

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Luftballonaktion für einen guten Start: Die Kinder von Opstapje und dem deutsch-arabischen Treff bei der Einweihung des Familienstützpunkts. (Foto: Johannes Simon)

Im Stadtteilzentrum West wird der erste Stützpunkt für Eltern eröffnet. Er soll Anlaufstelle bei allen Fragen rund ums Kind sein. In Kürze werden weitere Standorte folgen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Das Baby schreit Nacht für Nacht und will nicht schlafen. Ein Kleinkind hat heftige Wutausbrüche und wird jähzornig. Oder man sucht neue Freizeitbeschäftigungen für einen pubertierenden Jugendlichen. Für solche Probleme gibt es seit Montag eine neue Anlaufstelle im Landkreis: den ersten Familienstützpunkt. Das Diakonische Werk hat das neue Angebot im Auftrag des Jugendamtes im Stadtteilzentrum West eingerichtet, es ist an die dortige Elternschule angegliedert. Zur Eröffnung kamen viele Fachkräfte, Politiker und Mütter mit Kindern.

"Warum brauchen wir so notwendig solche Einrichtungen", fragt der Landrat in die Runde der etwa 50 geladenen Gästen. Thomas Karmasin beantwortet die Frage selbst. Er zitiert ein afrikanisches Sprichwort: "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen." Da es in der modernen Industriegesellschaft weder dörfliche Strukturen gebe noch die klassische Großfamilie, oft nicht einmal mehr beide Elternteile, müsse eben von anderer Seite Abhilfe geschaffen werden, erläutert er. Die Familie an sich werfe immer wieder neue Fragen auf. "Es gibt eine Vielzahl von Fragen und es gibt eine Vielzahl von Spezialisten", bislang habe das Problem darin bestanden, beide zusammenzubringen. Das sollen die Familienstützpunkte nun ändern. Denn im Landkreis soll es nicht bei der einen Anlaufstelle im Stadtteilzentrum West bleiben, auch wenn diese allen Familien offen steht, wie bei der Eröffnung hervorgehoben wurde.

In den nächsten Jahren sollen insgesamt acht solche Stützpunkte entstehen. Noch in diesem Jahr folgen Germering und Puchheim, die letzten beiden sind für 2019 in Gröbenzell und Eichenau geplant. Eine Vorreiterrolle übernimmt der Landkreis damit nicht gerade. In Bayern kursiert das Konzept zur sogenannten Familienbildung bereits seit zehn Jahren. Zwischen 2010 und 2013 wurde es an elf Standorten getestet, unter anderem in Augsburg.

Im Landkreis befasst man sich ebenfalls seit 2013 mit dem Aufbau solcher Familienstützpunkte. Seit diesem Zeitpunkt gibt es ein entsprechendes staatliches Förderprogramm. Seither wurden Informationen gesammelt und ausgetauscht, unter anderem über die Erfahrungen der Vorreiter. Von 2014 an arbeitete dann das "Netzwerk Familienbildung" daran, die Familienstützpunkte auf den Weg zu bringen. Wie schon der Name erahnen lässt, bildet ein dichtes Netzwerk die Basis für den Erfolg der Familienstützpunkte. Deshalb wurde bei der Netzwerkarbeit zunächst eine Bestandsaufnahme aller vorhandenen Angebote für Familien gemacht. Um dann die verschiedenen Stellen besser miteinander zu verknüpfen. Das beginnt etwa mit Opstapje, der niederschwelligen Unterstützung für Familien mit Neugeborenen, reicht über die Elternschule und endet noch lange nicht bei der Hausaufgabenbetreuung. Die Familienstützpunkte haben den Überblick und die Kontakte. Sie sollen Familien, die Hilfe suchen, an die passenden Stellen weitervermitteln.

Am Montagvormittag stehen die Gäste dicht gedrängt im hinteren Flur und lauschen den Grußworten. Joachim Bucher, Vorsitzender der Diakonie Fürstenfeldbruck, spricht von "einem ganz wichtigen Tag, an dem die Brucker Elternschule Familienstützpunkt wird". Brucks amtierender OB Erich Raff hebt die Bedeutung von Bildung hervor. Nur die fördere ein weltoffenes, verantwortungsvolles Denken. Und Dekan Stefan Reimers wünscht den im Familienstützpunkt Tätigen, dass sie für alle Formen von Familie und jedes noch so unerdenkliche Problem offen sind. "Viele als Familie in ihrer unterschiedlichen Art wissen gar nicht, was es alles gibt." Martina Hübner, die Leiterin der Brucker Elternschule und maßgeblich am Aufbau des Familienstützpunktes beteiligt, dankt für die "große Wertschätzung". Dann ruft sie die Mütter und Kinder vom deutsch-arabischen Treff und von Opstapje dazu. Die Kinder dürfen vor der Eingangstüre mit Postkarten versehenen Luftballons fliegen lassen. Anschließend wird das neue Schild "Familienstützpunkt" enthüllt.

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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