Contra mehr Parkplätze:Gute Nacht, Klimawende

(Foto: SZ-Grafik)

Wenigstens eine Behörde sollte dem Autoverkehr etwas entgegensetzen

Von Stefan Salger

Mit der Planung für den Landratsamtsanbau nach vielen Jahren wieder von vorne beginnen zu müssen, wäre Besuchern, Mitarbeitern und Steuerzahlern kaum zuzumuten gewesen. Es war also richtig, die Kröte zu schlucken und den Kompromiss abzunicken - zumal es "nur" um städtebauliche Aspekte ging. Unabhängig vom Standort gibt es freilich viel elementarere Defizite: Einerseits beschäftigt der Kreis eine Klimamanagerin, stellt Leitbilder auf, sonnt sich im Glanz des fortschrittlichen Energiewende-Landkreises - und berücksichtigt dann den Klimaschutz in der Bewertungsmatrix der Erweiterung mit null Prozent. Mitarbeiter und Kunden in der heutigen Zeit noch durch das großzügige Angebot von Parkplätzen einzuladen, doch bitteschön mit dem Auto zu kommen, das wirkt wie ein Konzept der Fünfziger. Vom Landratsamt aus sind es ein paar Meter bis zur S-Bahnstation, vor der Tür steigt man in einen der regelmäßig verkehrenden Busse (auf den ÖPNV ist der Kreis zu Recht stolz).

Die Behörde kann Ticketzuschüsse geben statt zusätzliche teure Stellplätze zu bauen, kann flexiblere Arbeitszeiten und Homeoffice ermöglichen. Davon würden auch die vom Landrat erwähnten alleinerziehenden Halbtagskräfte profitieren, die im westlichen Landkreis wohnen und auf dem Weg in die Arbeit ihr Kind in die Kita bringen. Diese letztlich überschaubare Gruppe an Mitarbeitern und Besuchern wird genutzt, um allen pauschal einen Persilschein auszustellen. Wenn es nicht mal eine Behörde schafft, dem ungezügelten Autoverkehr mehr entgegenzusetzen, dann gute Nacht, Klimawende.

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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