Bühne Budapest:Routiniert

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Gesang, Tanz, Kostüme, Bühnenbild - alles könnte passen. Doch der Funke will nicht aufs Germeringer Publikum überspringen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nette Unterhaltung bei "Viktoria und ihr Husar"

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Schwerter zu Pflugscharen - schön wäre es. Doch was dem kosakischen Kriegswächter von seinem Befehlshaber wohl widerfahren mag, der sein Gewehr gegen die Geige des zum Tode verurteilten Husaren-Rittmeisters tauscht, erzählen die Librettisten der Operette "Viktoria und ihr Husar" nicht. Dank des Tausches entkommen Rittmeister Stefan Koltay (Laszlo Maleczky) und sein Bursche Jancsi (Tibor Szolnoki) der russischen Gefangenschaft und fliehen von Sibirien nach Tokio. Dort, in der amerikanischen Gesandtschaft, bitten sie um Hilfe zur Rückkehr ins Heimatland Ungarn. Doch auf Koltay, für den es "nur ein Mädel auf der Welt" gibt, wartet eine schockierende Überraschung. Er trifft seine geliebte Viktoria (Frauke Schäfer) wieder - als Gattin des Botschafters John Cunlight (Mathias Reinthaller). Der ahnt noch nicht, was seine Frau mit dem Rittmeister verbindet. Cunlight ist im Aufbruch nach Sankt Petersburg, zu seiner neuen Wirkungsstätte und bietet Koltay und Jancsi an, mitzukommen, um von dort nach Ungarn auszureisen.

Trotz einiger schicksalhafter Wendungen wirken die Beteiligten vom Thalia Tournee-Theater aus Wien, das wiederholt Silvester zu einer Doppelvorstellung in Germering Station macht, kaum aufgewühlt, und so begibt sich in der Pause nach dem ersten Akt ein eher wenig beschwingtes Publikum zum Silvester-Sekt an die Bar der Germeringer Stadthalle. Der zweite Teil lässt mehr Beschwingtheit aufkommen. Vor allem der musicalerfahrene Jan Reimitz als Viktorias Bruder Graf Ferry bringt nicht nur tänzerisches Können, sondern auch Schwung und erotische Spannung ins Spiel. Das Libretto hat zwar viele situative Wendungen zu bieten, Sprachwitz dagegen kaum. Für bessere Stimmung sorgen Augen- und Hörgenuss: Bühnenbild, Kostüme, tänzerisches, schauspielerisches und sängerisches Können. Das Orchester mit Dirigent Laszlo Gyüker, Chor und Ballett stellte die Operettenbühne Budapest.

Im geschickt konzipierten, tourneetauglichen, leicht veränderbaren hübschen Bühnenbild, in netten Kostümen und raffinierten Tanzkleidchen wird die Handlung (Regie: Andrea Zsadon) wieder aufgenommen, und die schicksalhaften Wendungen und Erkenntnisse mehren sich: Unter vier Augen versichert Viktoria ihrem ehemaligen Geliebten, sie habe ihn für tot geglaubt und nur deshalb einen anderen geheiratet. Doch bis der Husar mit Viktoria wieder zusammen kommt, dauert es noch. Es bedarf des erstaunlich selbstlosen Botschafters Cunlight, der alles für Viktoria arrangiert, um "sie glücklich zu machen", wie er sagt, damit sie schließlich ihren Husar bekommt. Und so gibt es, wenngleich nicht für Cunlight, doch wenigstens ein dreifaches Happy-End. Denn auch Graf Ferry heiratet seine halb-japanische Freundin O Lia San (Katrin Fuchs) und obwohl für seine Partnerin etwas zu alt geraten, vermählt sich Jancsi mit der kecken Zofe Riquette (Borglarka Pohly).

Doch abgesehen davon, dass Viktoria ohnmächtig wird und im dritten Akt auf dem ungarischen Dorfplatz temperamentvoll getanzt wird, ist von Gemütsbewegungen nicht allzu viel zu merken. Der Funke springt nicht so recht aufs Publikum über. Das populäre Duett "Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände" wird zwar von den erfahrenen Sängern, Frauke Schäfer und Mathias Reinthaller, routiniert gesungen. Doch es geht den Zuschauern in der schon am Nachmittag gut besuchten Vorstellung spürbar nicht zu Herzen.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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