Brucks Bermudadreieck:Das Rätsel der verschwundenen Blumeninsel

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Brucks Alt-OB Kellerer schimpft. Nachfolger Raff weiß von nichts. Und zwei Experten versprechen eine blühende Zukunft

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Sepp Kellerer ist eigentlich ein sehr umgänglicher und bodenständiger Typ. Aber wenn dem Brucker Alt-OB, 72, etwas stinkt, dann kann er ordentlich explodieren. Dann sagt er grad raus, was ihm gegen den Strich geht. Früher im Stadtrat bekam der gelernte Landwirt in solchen Fällen einen roten Kopf.

Man kann sich seine Gesichtsfarbe vorstellen, als er den Brandbrief geschrieben hat, der in die SZ-Redaktion gelangt ist. Nach der Lektüre der Betreffzeile bleiben keine Zweifel an der Brisanz: "Leserbrief zum Verschwinden der Blumeninsel an der Schöngeisingerstraße, Ecke Fürstenfelder Straße".

Dass Flugzeuge und Schiffe vorzugsweise im Bermudadreieck verschwinden, davon hat man schon gehört. Dass aber eine veritable Blumeninsel im Spitz zweier Straßen so einfach untergehen kann, das klingt spannend und ist schon einige Rechercheklimmzüge wert. Zunächst muss man wissen, dass der im Ortsteil Aich wohnende und immer noch als Kreisrat politisch aktive Sepp Kellerer jenseits des kommunalpolitischen Klein-Kleins auf ein paar Dinge sehr stolz ist, die er in 18 Jahren an der Spitze der Stadt bewegt hat. Als da wären der Bau des Veranstaltungsforums, die aktive Umweltpolitik, natürlich auch die eine oder andere Schule. Ganz besonders aber das Stadtbild, zu dem neben dem Alten Rathaus und Kloster auch die Blumenrabatten an den Einfallsstraßen gehören. Die Botschaft für die Welt jenseits der Ortsschilder: Seht her, Bruck blüht! "Wer hat's gemacht?", würden die Schweizer jetzt vielleicht fragen. Und Kellerer, Träger der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber und der Bayerischen Denkmalschutzmedaille, könnte in aller Bescheidenheit sagen: Ich war's! "Ich habe dafür immer viel Lob bekommen", schreibt er denn auch. Das habe er dann an die Stadtgärtner weitergegeben.

Zurück zur verschwundenen Blumeninsel: Mit Aufnahmen aus dem SZ-Fotoarchiv lässt sich in der Tat belegen, dass an der Ecke Schöngeisingerstraße/Fürstenfelder Straße schon was geboten war: Hier blühten Stiefmütterchen gelb und violett, dort öffneten prächtige Narzissen ihre Kelche. Ein Besuch dieser Tage zeigt ein schockierend ernüchterndes Bild: Grün ohne Ende, nur ein paar mickrige Blüten hier und da. Keine Spur jedenfalls von Kellerers "Hingucker", Blumengruß für Gäste: Fehlanzeige. Warum dieser "Kahlschlag"? Ist die Blütenpracht den Kosten zum Opfer gefallen? Eins ist gewiss: "Ich ärgere mich und bedauere diese Entscheidung", schimpft Kellerer.

Eine erste Nachfrage beim amtierenden Oberbürgermeister Erich Raff: "Was? Wie bitte? Verschwundene Blumeninsel? Da weiß ich nichts davon, da soll nichts eingespart werden." Ein Anruf bei der Fürstenfeldbrucker Stadtgärtnerei lässt zarte Hoffnung keimen. "Das wird ganz sicher wieder alles schön", versichert die nette Frau am anderen Ende der Leitung. Sie spricht von einer Saatmischung, kann aber nicht mit Details dienen. Schließlich führt die investigative Recherche zu Vorarbeiter Christian Metzger. "Das wird alles auf jeden Fall wieder schön", bestätigt auch der. "Und es wird richtig bunt, versprochen!"

Hier der ziemlich grünlastige Status quo. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Des Rätsels Lösung: Die Stadtgärtnerei will neue Wege gehen und denkt dabei auch an die Bienen. Blumen wie Geranien nutzen denen wenig, weil sie keinen Nektar zu bieten haben. Die nun zum Einsatz kommende Blumenmischung konnte erst nach den Eisheiligen ausgebracht werden. Etwa in einer Woche werden sich - großes Indianerehrenwort - alle Brucker und auch Alt-OB Sepp Kellerer an einer Blumenwiese erfreuen können, mit Cosmeen, Salbei, Islandmohn, Verbenen, Eisenkraut und vielem mehr. Während die Aufklärung im Bermudadreieck seit Jahrzehnten auf der Stelle tritt, gilt das Rätsel ums Verschwinden der Blumeninsel damit als gelöst. Fürstenfeldbruck wird blühen - und lässt schon heute die Vorfreude sprießen.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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